Grüne Fraktion zur Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik

Blaulicht

Die Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) Thüringen für das Jahr 2023 kommentiert Madeleine Henfling, innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wie folgt: „Die PKS zeigt mit einem Fallzahlenanstieg und einer gesunkenen Aufklärungsrate die besondere Belastung der Polizeibeamt*innen in Zeiten vielfacher gesellschaftlicher Herausforderungen. Es verbietet sich der Schluss der allgemein gestiegenen Kriminalität und Unsicherheit, denn der Fallzahlenanstieg geht vor allem auf die Diebstahldelikte (39.893 Straftaten) zurück. Die Anzahl der Diebstähle variiert jährlich sehr deutlich (vgl. 2020: 38.982 Straftaten, 2022: 33.414 Straftaten) und hat eine strukturell niedrige Aufklärungsquote (unter 40 %). Im Gegenteil geht die Straßenkriminalität beispielsweise um 0,5 % zurück. Das zeigt, dass sich unsere verlässliche Innenpolitik der vergangenen Jahre auszahlt. Der Schlüssel zu weniger Kriminalität ist die Prävention sowie die kontinuierliche Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs bei der Polizei.“

„Die Herausforderung liegt zurzeit bei den komplexeren Ermittlungsverfahren. Die Beamt*innen müssen eine zunehmende Fallzahl an Betrugsvorfällen, Cybercrime oder Kindesmissbrauch (sogenannte Kinderpornografie) bewältigen, die auch psychisch aufreibend sein können. Im letzten Jahr wurde zudem ein hoher Neuzugang an Straftaten aus dem Bereich der Organisierten Kriminalität verzeichnet (von 24 auf 69), die deutlich umfangreicher und deren gesellschaftliche Schäden wesentlich erheblicher sind. Damit die Polizei weiterhin den kontinuierlichen Berg an Ermittlungen erfolgreich abschließen kann, braucht es die nötigen technischen und personellen Ressourcen sowie die gezielte Aus- und Fortbildung und Stärkung der Supervision sowie Reflexionsmöglichkeiten in diesem Bereich. Wir müssen uns fragen, ob wir hier ausreichend Prioritäten setzen und wie wir die Polizei bei anderen Aufgaben entlasten können“, so Henfling weiter.

„Wir freuen uns, dass in künftigen Kriminalstatistiken die Anzahl der Cannabisdelikte größtenteils wegfällt und damit auch der damit verbundene Arbeitsaufwand bei der Polizei. Der jahrelange Kampf gegen die Kriminalisierung, die zur Entstehung eines massiven Schwarzmarktes geführt hat, trägt nun Früchte. Es bleibt aber die Aufgabe der Länder, die bestehenden Schwarzmarktstrukturen mit den freigewordenen Ressourcen stärker in den Blick zu nehmen. Ferner braucht es eine wirkungsvolle Kriminalprävention, die Erkenntnisse aus der Kriminalstatistik für zielgerichtete präventiven Maßnahmen und Sozialarbeit nutzt. Wir wollen die neueste Forschung in Polizeiausbildung und -studium weiter berücksichtigen, um gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen und eine positive Fehlerkultur zu fördern“, so die innenpolitische Sprecherin abschließend. 

Hintergrund:  

Die PKS bildet das Anzeigeverhalten und die geführten Ermittlungsverfahren ab und muss entsprechend als Darstellung der polizeilichen Tätigkeit im Jahr gesehen werden. Die Entwicklung von Fallzahlen ist jährlichen Schwankungen unterworfen und steht im Zusammenhang gesellschaftlicher Entwicklungen, hier insbesondere auch der Pandemie, weshalb der Vergleich der Fallzahlen der vergangenen fünf Jahre bestimmten Effekten unterworfen ist.

Die rein quantitative Erfassung vernachlässigt zudem die Schwere und Ursachen der Delikte, weshalb es gesonderte Auswertungen zur Beurteilung der Sicherheitslage benötigt. Hierfür werden regelmäßig Berichte gefertigt und Dunkelfeldforschung betrieben, die das tatsächliche Kriminalitätsgeschehen präziser abbilden. Die Fallzahlen der PKS lassen insbesondere den Schluss über die Herausforderungen und Handlungsbedarfe in der Struktur, Ausstattung, der Personalbemessung sowie Aus- und Fortbildung zu.

Auch im Zusammenhang mit der „Ausländer*innenkriminalität“ ist die PKS ungeeignet, um Erkenntnisse über den tatsächlichen Anteilen an der Gesamtkriminalität zu ziehen, da hier diverse statistische Effekte aufgrund von verzerrten Anzeigeverhalten, Kontrollschwerpunkten und Dunkelfeldern greifen. Menschen ohne deutschen Pass sind nicht pauschal krimineller, sondern der überwiegende Teil begeht keine Straftaten. Die Kriminologie zeigt, dass sozioökonomische Faktoren Kriminalität begünstigen, nicht die Herkunft von Menschen.

 

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