Für den Ausbau des regionalen Schienennetzes sowie kommunaler Bus-und-Bahn-Projekte stellt der Bund ab 2025 jährlich zwei Milliarden für den Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung (GVFG-Bundesprogramm). Thüringen nutzt die üppige Bundesförderung trotz massiven Investitionsbedarfs bisher völlig unzureichend. Dies geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage hervor. Dazu erklärt Laura Wahl, verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Thüringens Schienennetz hat nach Schleswig-Holstein den niedrigsten Anteil elektrifizierter und einen hohen Anteil eingleisiger Strecken. Gerade eingleisige Strecken sorgen dafür, dass sich Verspätungen auf Züge der Gegenrichtung übertragen und weiter aufschaukeln. Der im Frühjahr dieses Jahres verabschiedete Nahverkehrsplan für den regionalen Schienenverkehr benennt diese Defizite klar. Umso unverständlicher ist die Inaktivität von Verkehrsministerin Karawanskij, diesen Zustand zu verbessern - trotz unserem beharrlichen Drängen darauf.“
„Der Bund hat 2020 mit der Reform des einschlägigen Bundesprogramms die Förderbedingungen für den Ausbau des regionalen Schienennetzes deutlich verbessert. Erstmals sind Streckenelektrifizierungen und Reaktivierungen überhaupt förderfähig. Auf jeden Euro, den das Land aufbringt, legt der Bund 9 Euro drauf. Das sind ausgesprochen günstige Förderbedingungen, die Thüringen bisher nicht ansatzweise ausschöpft. Lediglich den zweigleisigen Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung in zwei Abschnitten - zwischen Jena und Gera - hat das Land bisher für das entsprechende Bundesprogramm angemeldet. Das Verkehrsministerium muss endlich aktiver werden und umgehend die Ausbauvorhaben im Regionalnetz für das Nahverkehrsprogramm des Bundes anmelden“, ergänzt die Verkehrspolitikerin.
„Die Fördermittel des Bundes wachsen zwar auf 2 Milliarden Euro im kommenden Jahr an. Allerdings gilt das Windhund-Prinzip: Es werden zuerst die Vorhaben gefördert, welche baureif sind. Da andere Länder bereits in den vergangenen Jahren Schienenprojekte angemeldet und die Planung veranlasst haben, muss sich Thüringen jetzt hinten anstellen. Eine moderne und leistungsfähige Schieneninfrastruktur ist essenziell für einen verlässlichen Bahnbetrieb und damit attraktiven Nahverkehr“, so Wahl abschließend.
Hintergrund:
Die deutlich besseren Förderbedingungen des Bundes zeigen in anderen Bundesländern bereits Wirkung. So hat allein Mecklenburg-Vorpommern Bahnprojekte im Wert von 1,1 Milliarden Euro beim Bund angemeldet und Anfang des Jahres mit der Deutschen Bahn einen Rahmenplan zur Planung der Vorhaben abgeschlossen. Weitere Länder entwickeln ähnliche Aktivitäten: Das Förderprogramm listet bundesweit allein 38 regionale Elektrifizierungsvorhaben auf. Trotz niedrigen Elektrifizierungsgrads hat Thüringen bisher kein Elektrifizierungsvorhaben für das Programm gemeldet. Auch der zweigleisige Ausbau weiterer Streckenabschnitte, der für zuverlässigeren Betrieb sorgt, wird vom Verkehrsministerin Karawanskij bisher nicht angegangen.