Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema "Ursachen und Umstände der Einstellung des von der Staatsanwaltschaft Gera im Bereich Organisierter Kriminalität unter der (polizeilichen) Bezeichnung 'FIDO' geführten Ermittlungsverfahrens

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In der 44. Sitzung des Thüringer Landtages am 23. April 2021 wurde die Einsetzung des FIDO-Untersuchungsausschusses beschlossen.

Ende Februar 2021 hat ein Rechercheteam vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) Informationen zu Strukturen und dem Existenzaufbau der "'Ndrangheta in Thüringen" veröffentlicht: Beginnend mit Ermittlungen in den 1990er Jahren zu italienisch-stämmigen Gastronomen, die in Erfurt Restaurants übernahmen, habe die Staatsanwaltschaft Gera ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren unter der Bezeichnung "FIDO" wegen des Verdachts von Drogen- und Geldwäschegeschäften eingeleitet. Bestandteil dieses Ermittlungsverfahrens sei das Einschleusen und der Einsatz eines verdeckten Ermittlers in die sogenannte "Erfurter Gruppe" der 'Ndrangheta gewesen, der wichtige Erkenntnisse geliefert habe. Als Ende 2001 ein Einsatz in Italien vorbereitet werden sollte, habe die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft diesen Einsatz wegen, im Recherchebericht nicht näher bezeichneter, "interner Unstimmigkeiten" abgelehnt, der Verdeckte Ermittler sei danach vom BKA abgezogen worden. Dieser Abzug sei eine irreparable Zäsur für das Verfahren gewesen, da der Verdeckte Ermittler entscheidend für die Gewinnung verfahrensrelevanter Erkenntnisse gewesen sei. Das Verfahren sei schließlich im Jahr 2006 einschließlich noch offener Finanzermittlungen eingestellt worden. Im März 2021 berichtete der MDR zudem, dass nach Angaben des Justizministeriums bis zu fünf Verdeckte Ermittler in dem genannten Verfahren zwischen Februar und Mai 2001 beantragt und richterlich genehmigt waren.

Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es, die Umstände für den sich aus der Berichterstattung ergebenden Umstand eines faktischen "Abbruchs des Verfahrens" näher aufzuklären. Dafür bedarf es insbesondere der Untersuchung der Gründe für die Einstellung des Verfahrens.

Zudem soll geprüft werden, inwieweit Anhaltspunkte auf mögliche Verbindungen von Beschuldigten in Politik, Verwaltung oder Justiz bekannt geworden sind. Hierzu wurden in der ARD-Reportage "Mafia-Kolonie Ostdeutschland" vom 22. Februar 2021 auszugsweise Mitschnitte aus der Telekommunikationsüberwachung dargestellt und nachgesprochen. Im Zuge dieser Prüfung soll geklärt werden, inwiefern weiterhin Aktenbestandteile vorhanden sind und ob beziehungsweise wie diesen Hinweisen nachgegangen wurde.

Auch im Zuge des Untersuchungsausschusses 6/1 "Rechtsterrorismus und Behördenhandeln" des Thüringer Landtags wurden Verbindungen zur Organisierten Kriminalität, insbesondere im Kontext des Einsatzes von V-Personen thematisiert. Der FlDO-Untersuchungsausschuss wird daher zu prüfen haben, welche Teile des Aktenbestands des Untersuchungsausschusses 6/1 einschließlich der von diesem seinerzeit beigezogenen Akten zur Erfüllung seines Untersuchungsauftrags erforderlich sind.

Die Zusammensetzung des Untersuchungsausschusses wird auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 und 2 des Untersuchungsausschussgesetzes vorgenommen. Demgemäß sind alle Fraktionen zwingend mit mindestens einem Mitglied im Untersuchungsausschuss vertreten. Zugleich muss die Zusammensetzung dem Kräfteverhältnis des Landtags entsprechen.

In Anbetracht einer derzeit geplanten Neuwahl des Landtags Ende September 2021 ist die Arbeitszeit des Untersuchungsausschusses stark beschränkt. Gleichwohl besteht ein hohes öffentliches Interesse daran, unverzüglich den im Untersuchungsauftrag gestellten Fragen nachzugehen, die notwendige Akten- und Unterlagensicherung zu leisten und erste, wenn vielleicht auch nur kursorische, Erkenntnisse zum Aufklärungsbegehren zu erarbeiten. Damit wird im Fall der vorzeitigen Neuwahl des Parlaments eine Grundlage und gegebenenfalls wichtige Vorarbeit für einen möglichen weiteren Untersuchungsausschuss in der 8. Legislaturperiode geschaffen, die der Brisanz und Relevanz der aufgeworfenen Fragen für das Vertrauen in unsere Rechtsordnung Rechnung trägt.