„Ich bin selten sprachlos.“ - Bericht von Doreen Denstädt zur Bundesversammlung

Bundesversammlung | Collage

Die Chance, als einzige Delegierte der Thüringer Grünen an der Bundesversammlung teilzunehmen, kam für mich sehr überraschend und ich war erst einmal sprachlos. Das passiert mir äußerst selten! Schon am Wahltag im Thüringer Landtag im Dezember bekam ich einen ersten Eindruck, wie bedeutend dieses einmalige Ereignis werden würde. Ich verfolgte die Abstimmung in den Fraktionsräumen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die ersten Glückwünsche von Astrid und Madeleine mit Blümchen wurden sogar fotografisch festgehalten.

Der erste Termin im Zusammenhang mit der Bundesversammlung war die Fraktionssitzung am Freitag (11.02.), die pandemiebedingt online stattfand. Insgesamt waren wir über 200 Teilnehmende. Angesichts vieler prominenter Namen war es für mich kein gewöhnliches Meeting. Nach einigen Grußworten von den Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann und Katharina Dröge sowie organisatorischen Hinweisen trat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dem Meeting bei. Sehr locker und als ob es das normalste der Welt sei, richtete er einige Worte an uns. Er betonte, dass es sich bei der 17. Bundesversammlung um eine etwas andere, eine besondere Versammlung handeln würde. Am Ende wurde die Fragerunde eröffnet. Besonders wichtig war für mich die Frage von Kassem Taher Saleh, Bundestagsabgeordneter aus Sachsen, der explizit auf Ostdeutschland anspielte und betonte, dass der Bundespräsident in den neuen Bundesländern präsenter sein müsse. Da dies auch mein Wunsch ist, war ich sehr froh, dass Kassem diese Frage gestellt hat. Anschließend stellten sich alle Delegationen kurz vor. Die Vorstellung der Thüringer Delegation durfte ich übernehmen.

Am Samstag reiste ich dann nach Berlin und kam dort nachmittags an.  Mein erster offizieller Weg führte mich am Abend zum Testzentrum. Nach Erhalt des negativen Testergebnisses, holte ich meine Unterlagen im Reichstagsgebäude ab. Insgesamt bestand die 17. Bundesversammlung aus 1472 Mitgliedern (736 Bundestagsabgeordnete und Delegierte der Länderparlamente) und ist damit die bisher größte stattgefundene Versammlung. Der Corona-konforme Ablauf war vermutlich eine besondere Herausforderung. Die Wahl fand daher auch ohne weitere Sitzung in Präsenz im Paul-Löbe-Haus statt.

Am Sonntag war ich bereits im Frühstücksraum des Hotels vom Anteil der Prominenz sehr beeindruckt. Unter anderem traf ich Aminata Touré und Belit Onay. Mit einem Shuttleservice ging es dann zum Reichstagsgebäude. Dort angekommen, verlor ich den Anschluss an meine „Reisegruppe“. Ein großer Mann, der mir irgendwie bekannt vorkam, half mir unkompliziert weiter und zeigte mir sogar einen weniger begehrten Aufzug, um nach oben in die Fraktionsebene zu gelangen. Oben angekommen brachte mich Jürgen Trittin auch noch bis zur Ausgabe der Unterlagen. Ich war sprachlos!

Die Bundesversammlung wurde durch die Präsidentin des Bundestages, Bärbel Bas, mit einem Grußwort eröffnet. Nach anschließend kurzer Erklärung zum Wahlprozedere ging es auch direkt los. Zwei Schriftführende lasen die Namen der Mitglieder in alphabethischer Reihenfolge vor. Es dauerte aus meiner Sicht erstaunlich lange bis zum Buchstaben „D“. Wir waren auf mehreren Etagen des modernen, offenen und lichtdurchfluteten Gebäudes verteilt. Bis zu den jeweiligen Wahlurnen war man je nach Sitzplatz einige Zeit unterwegs. Nach dem Wahlakt fiel dann auch ein wenig Anspannung von mir ab und ich konnte mich auf die vielen angenehmen Gespräche konzentrieren. Nach Aufruf der letzten Namen wurde die Versammlung unterbrochen. Die Auszählung der Stimmen ging dann so schnell, dass mir gar keine Zeit mehr blieb etwas zu essen oder einen Kaffee zu trinken.

Frank-Walter Steinmeier wurde mit überwältigender Mehrheit, 1045 Stimmen, zum Bundespräsidenten gewählt. In seiner Antrittsrede ging er auf verschiedenste Aspekte ein, der Fokus lag dabei deutlich auf unserer Demokratie. Aufgehorcht habe ich, als er versprach, seine erste Reise in die neuen Bundesländer zu unternehmen. Leider gab es nach der Rede keinen offiziellen Empfang und die Versammlung löste sich schnell auf. Nichtsdestotrotz konnte ich noch viele interessante Gespräche führen und Fotos mit Prominenten machen. Am Abend fuhr ich mit einem riesigen Berg an neuen Erfahrungen und Eindrücken zurück nach Erfurt.

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