Schulfrieden setzt Abkehr von Koalitionszoff und Besserwisserei voraus

Buntstifte

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„Voß kritisiert Matschies Schulpolitik“ – titelt heute die TLZ. Diesen neuerlichen Koalitionszoff kommentiert Astrid Rothe-Beinlich, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Offenbar reden die Minister, wenn überhaupt, nur via Presse über ihre Vorstellungen in Punkto Bildungspolitik. Und die können kontroverser nicht sein. Daher muss es maximal wohlfeil erscheinen, wenn der Finanzminister aufmerksamkeitsheischend Ruhe, Friede und Stetigkeit einfordert, während er öffentlich seinen Bildungsministerkollegen Matschie rüffelt.“

„Auch Minister Voß kann nicht einfach wegwischen, dass es unter der CDU über viele Jahre faktisch keine Neueinstellung von Lehrerinnen und Lehrern gab“, fährt die grüne Bildungspolitikerin fort. „Die Folgen sind bekannt: Überalterung (der Altersdurchschnitt beträgt 53 Jahre), Überforderung, hohe Krankenstände und statistische Lehrerüberhänge, die aber an den Schulen gar nicht ankommen.“ Schaut man nämlich genauer hin, erkennt man, dass die 17.000 angestellten Lehrerinnen und Lehrer mitnichten alle an den Schulen im Einsatz sind. Viele von ihnen sind in Schulämtern tätig, abgeordnet in Ministerien oder langzeiterkrankt.

Die Folgen sind unter anderem Unterrichtsausfall und fachfremd erteilter sowie fachfremd vertretener Unterricht – mit spürbaren Folgen – nachlesbar auch in der renommierten IQB-Studie von 2013. „In Mathematik beispielsweise erreichen die Schülerinnen und Schüler im Durchschnitt 18 Punkte – das entspricht mehr als einem halben Jahr Leistungsunterschied – weniger, wenn fachfremd unterrichtet wird. In Biologie schneiden Jugendliche im Schnitt 25 und in Physik sogar 32 Punkte besser ab, wenn die Fachlehrkraft über eine Lehrbefähigung im Fach verfügt – das entspricht fast einem ganzen Schuljahr Leistungsunterschied“, gibt Rothe-Beinlich zu bedenken.

In Punkto Verbeamtung allerdings teilt die grüne Fraktion die Einschätzung des Finanzministers: „Verbeamtungen lösen unsere Probleme nicht und haben immense Folgekosten. Hier gilt es vielmehr, über andere Formen der Unterstützung und Anerkennung der Lehrerinnen und Lehrer nachzudenken“, so Rothe-Beinlich weiter.

„Die Versäumnisse bei der Schulnetzplanung sind allerdings – so meinen wir – auch Ausdruck des fehlenden Verantwortungsbewusstsein des Landes“, meint die Grünenpolitikerin und spitzt zu: „Das Land drückt sich hier um klare Vorgaben. Wir wollen gemeinsam mit den Kommunen als Schulträgern verbindliche Kriterien für Schule entwickeln. Und da werden wir neben Mindestschülerzahlen auch ganz zentral über die Anforderungen an gute und inklusive Bildung sowie die dafür notwendigen Rahmenbedingungen reden müssen.“

„Die Forderung nach einem Schulfrieden setzt allerdings Augenhöhe, die echte Einbeziehung und einen Verständigungsprozess aller an Schule Beteiligten voraus. Dem wollen wir uns gern stellen. Ein Schulfrieden, der trägt, kann nicht verordnet, sondern muss gemeinsam gewollt und erarbeitet werden. Da geht es nicht um die Festschreibung des Status quo, sondern um verlässliche Entwicklungsperspektiven für Schule“, ist die grüne Bildungspolitikerin überzeugt.

„Und dabei gilt es, auch die Pluralität unserer Schullandschaft zu achten und zu befördern. Deshalb gehören aus unserer Sicht staatliche und freie Schulen gleichermaßen mit an den Tisch – erfüllen sie doch alle gemeinsam den öffentlichen Bildungsauftrag“, schließt Astrid Rothe-Beinlich.