Bericht aus dem NSU-Untersuchungsausschuss

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Im öffentlichen Teil der Sitzung am 11.09.2012 wurde der Zeuge

Dr. Richard Dewes (Thüringer Innenminister a.D.) vernommen.

Dewes gab an, wie bereits in seiner ersten Vernehmung, dass große Erinnerungslücken vorhanden seien. Dies begründete er damit, dass seine Amtszeit vor 18 Jahren begann, vor 13 Jahren endete und er sich jeden Tag mit vielen Dingen beschäftige, so dass ihm alle Details nicht mehr erinnerlich seien. Er betonte nochmals, dass er Roewer als Präsident des TLfV bereits vorgefunden habe. Bei Amtsantritt befand sich das Amt in einem rudimentären Zustand, bei seinem Ausscheiden sei dieses auch immer noch im Aufbau befindlich gewesen. So sei es schwierig gewesen, ein hochsensibles Amt im Nachgang der Wende aufzubauen. Bei seinem Wechsel nach Thüringen fand er eine völlig andere Welt vor, als er diese im Saarland mit intakten Behördenstrukturen gekannt habe. Schwierigkeiten bereitete die Tatsache, dass im TLfV, aber auch in der Polizei sehr viele Mitarbeiter, darunter auch viele sehr gute, in das MfS verstrickt waren und daher aus dem Dienst zu entlassen waren.

Dewes verteidigte die Einstellung von Akademikern, die Abschlüsse hatten, die man nicht unbedingt in einem LfV erwartet. Es sei wichtig gewesen, dass diese Leute klug waren und denken konnten, da die Anforderungen, wie auch bei der Polizei, wuchsen. So sei die Auswertung von Informationen die wichtigste und schwerste Aufgabe im Verfassungsschutz. Zum Vorwurf, dass es laut Roewer keine Dienstvorschriften zur Führung von V-Leuten gab, führte er aus, dass er davon ausgehen müsse, dass es in allen Ämtern gleichlautende Vorschriften z.B. zur Beschaffung oder Führung von V-Leuten gebe. Gleichfalls betonte er, dass er sich Erfolge nicht schlecht reden lasse. Nachdem er nach Thüringen gekommen sei, habe es keine Aufmärsche durch Städte mit Fackeln und Trommeln gegeben, wie vor seiner Amtszeit. Auch seien die Polizisten geschult und mit Handreichungen zu rechtsextremen Symbolen versehen worden. Moniert habe er zudem öfter, dass die Polizei oftmals nicht entschieden gegen „Rechts“ eingegriffen habe, was zum Teil auf mangelndes Wissen, fehlende Sensibilisierung oder auch Scheu zurückzuführen sei.

Zu den aktuellen Vorwürfen von Geheimnisverrat von Seiten der Polizei befragt, führte er aus, dass er dazu keine Erinnerung habe, es aber nicht ausschließe, dass es in einer Behörde mit 6.000 Leuten zu Regelverstößen komme. Ausdrücklich verwies er mehrmals darauf, dass es Vorgänge gäbe, die die Spitze eines Ministeriums nicht erreichten und auch nicht erreichen müssten. Es auch Dinge gäbe, wie Klarnamen von V-Leuten oder Aktivitäten anderer LfVen, die er als Minister nicht wissen müsse oder auch nicht wissen wollte. Gleichwohl räumte er ein, dass es bei der Einschätzung der Gefahr eines Rechtsterrorismus und auch handwerkliche Fehler bei der Garagendurchsuchung und der darauf folgenden Fahndung gegeben habe. Er relativierte diese Aussage dahin gehend, dass dies aber auch in anderen Bundesländern so war. Als Konsequenz regte er an, den Grundsatz des Trennungsgebots aufzugeben und sprach sich für eine Zentralisierung des Verfassungsschutzes aus.

Zu seiner Warnung vor dem Entstehen von rechtem Terrorismus im Jahr 1997 sagte er, dass man sich nicht vorstellen konnte, dass dies in Realität entstehen konnte. Damals habe es aber wohl Entwicklungen gegeben, die in diese Richtung wiesen. Er merkte an, dass eine einheitliche Bewertung auch aufgrund unterschiedlicher Gewichtung des Phänomens in der damaligen Großen Koalition oder auch bundesweit erst später erfolgte. Den Waffenfund in Heilsberg in 1997 bezeichnete er als Ausdruck dafür, dass in der rechten Szene nicht nur verbale, sondern echte Militanz zu befürchten war. Er habe in seiner Amtszeit dafür gesorgt, dass die Kommunikation zwischen TLfV und TLKA intensiviert wurde. Andererseits respektierte er auch aufgrund der damals herrschenden Gesetzeslage, dass bestimmte Informationen nicht an die Polizeien weitergegeben werden durften. Zudem habe unter den Sicherheitsbehörden eine nicht immer fruchtbare Konkurrenz bestanden.

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