Bericht aus dem NSU-Untersuchungsausschuss

Im öffentlichen Teil der Sitzung am 08.10.2012 wurden die Zeugen Reiner Bode (ehemals TLfV) Jürgen Zweigert (ehemals TLfV) vernommen. Reiner Bode (ehemals TLfV) Der Zeuge Reiner Bode wird u.a. zu seiner Tätigkeit als V-Mann-Führer im TLfV befragt. Neben anderen führte er Tino Brandt. Reiner Bode ist 56 Jahre alt, verheiratet und als Diplom-Verwaltungswirt im Landesverwaltungsamt tätig. Am Beginn seiner Befragung wies er auf den lange zurückliegenden Zeitraum hin, so dass er sich nicht mehr an alle Vorgänge erinnern könne. Zu seinem Werdegang führte er aus, dass er zunächst als Polizeivollzugsbeamter tätig war, dann 1982 zum Landesamt für Verfassungsschutz Hessen und schließlich zum TLfV gewechselt sei. In Hessen habe er hierzu Einführungs- und Ausbildungslehrgänge besucht. Als Verfassungsschützer müsse man u.a. quer denken, mit Menschen umgehen können und „gelinde gesagt“ "im Leben stehen". Zu seinem Wechsel nach Thüringen gab er an, er habe Herrn Nocken angerufen, ob die Möglichkeit einer Beschäftigung in Thüringen bestünde. Auch sein Kollege Wiesner sei zum selben Zeitpunkt wie der Zeuge nach Thüringen gekommen. Im August 2001 wechselte er aus dem TLfV in das TLKA, 2007 schließlich in das Landesverwaltungsamt. Er habe keine Vorbehalte gegenüber Herrn Nocken. Die Vorwürfe im Fall "Nonne" hatte er nicht im Blick. Während seiner Tätigkeit in Hessen war er nicht in der V-Mann-Führung tätig. Die Führung Tino Brandts habe er Ende 1994 oder 1995 übernommen, obwohl er eigentlich in einem anderen Bereich (Linksextremismus) tätig war. Brandt jedoch hatte Zugang zu den neuen Medien, wie Mailboxen, so dass für den bereits tätigen V-Mann-Führer Support / Unterstützung nötig war. Im Bereich Rechtsextremismus sei auch mehr zu tun gewesen, weshalb er dann nicht abgezogen wurde. Dem vormaligen V-Mann-Führer Tino Brandts war es „ganz recht“, dass der Zeuge im rechten Bereich verblieben sei. So habe man Brandt anfangs überwiegend zu zweit geführt. Im Rahmen der Übergabe eines V-Mannes erhalte man die komplette Werbungsakte und es erfolgte ein Übergabetreffen. Brandt hatte Zugang zum Thule-Netz. Dessen Zugänge hieraus, die auch gestimmt hätten, habe er an das TLfV weitergeleitet. Andere Landesämter für Verfassungsschutz, mindestens zwei, verfügten seinen Angaben nach ebenfalls über Zugang in das Thule-Netz. Das Thule-Netz hatte jedoch keine Relevanz im Aufbau des THS. Eventuell zehn Nazis aus dem THS hatten seiner Kenntnis nach Zugang zum Thule-Netz, wobei 1994 im THS 60-80 Personen organisiert gewesen sein sollten. Der Zeuge sagte, er habe keinen unmittelbaren Zugang ins Thule-Netz gehabt. Dieser erfolgte mittelbar über Brandt, da ein eigener Zugang zu „heiß“ gewesen wäre. So wurde in einer konspirativen Wohnung ein Mailbox-System durch Kollegen aus Baden-Württemberg für die Übermittlung durch Brandt eingerichtet. Die Dokumentation aus dem Thule-Netz wurde ausgedruckt und an das Referat Auswertung übergeben. Es fanden jedoch sich nur wenige Bezüge zu Thüringen. Ein weiteres Landesamt solle noch näher dran gewesen sein, so dass daher keine Veranlassung bestand, manche Information an andere Ämter weiterzugeben. Vor Tino Brandt habe es nur zwei Quellen im rechtsextremen Bereich gegeben. Eine habe man vom BfV übernommen. Die andere war nicht am THS dran. Dabei handelte es sich nur um eine regionale Quelle, die Tino Brandt nicht kannte. Als wichtigste Erkenntnisse bezeichnete er Informationen zu Zusammensetzung der rechten Szene, deren Treffpunkte, Planungen, Veranstaltungen und Aktionen, zumeist im Raum Saalfeld-Rudolstadt mit Berührungspunkten zu anderen Szenen. Es stellte sich das Problem, dass es in Jena keine Quelle gab, so dass man weniger Informationen diesbezüglich hatte. Die Sektion Jena habe sich auch als eigenständig betrachtet. Man könne die gesamte rechte Szene eines Bundeslandes mit einem V-Mann allein nicht beobachten. Der Zeuge bezeichnete die rechte Szene auch als "Durchlauferhitzer", in die Jugendliche einsteigen, jedoch wieder ausstiegen, sobald sie älter geworden seien. Er sprach es der rechten Szene nicht ab, politische Ziele mit Gewalt und Straftaten erreichen wollen. Diese hätten keine Skrupel diese Mittel auch einzusetzen. Die Nazis wollten ja ein Viertes Reich. Brandt bezeichnete er als „Extremisten bis in die Haarspitzen“. So berichtete der Zeuge zu einem späteren Zeitpunkt der Befragung von einem der regelmäßigen Gespräche mit Kollegen im BayLfV. Dort wurde vereinbart, dass das TLfV dafür Sorge trage, dass Tino Brandt in Franken, wo er in Coburg arbeitete, keine rechteextremen Aktivitäten entfalte. Seines Wissens habe man dafür auch gesorgt. Er führte an, dass sich Tino Brandt in der Werbephase offenbaren wollte. Er geriet aber an die Quelle eines anderen Bundeslandes, was dem TLfV in der Folge mitgeteilt wurde. Nach zwei Jahren sei bei Brandt der „Verräter-Komplex“, das psychologische Problem seine „Kumpel“ zu verraten, verschwunden gewesen. Über diesen „Verräter-Komplex“, der ein persönliches Empfinden des V-Mannes darstelle, hinwegzukommen, dauere für jeden V-Mann unterschiedlich lange, seien es vier, sechs Wochen oder länger. Als Trostpflaster diene einzig und allein Geld. Brandt habe man sehr eng geführt bzw. überwacht. Einer Quelle dürfe man nicht trauen und müsse dieser gegenüber immer sehr argwöhnisch sein. Tino Brandt habe er nie getraut. Dieser wurde als bundesweiter Top-Zugang bezeichnet. Der Zeuge führte aus, dass Brandt z.B. auf Wunsch szenerelevante Personen anrief. Zu Kontrollzwecken und zur Prüfung der Nachrichtenwahrheit musste Brandt z.T. mit laut gestelltem Handy mit diesen Personen in Anwesenheit des Zeugen telefonieren. Er habe diesen aber nicht dazu gezwungen, jemanden anzurufen. Er hätte dies nicht tun müssen: Er stellte in diesem Zusammenhang noch die rhetorische Frage: „Was glauben sie, wie Nachrichtendienste arbeiten?“ Ein V-Mann-Führer hüte sich mit Polizei oder StA Kontakt aufzunehmen, um die Quelle nicht zu gefährden. Derlei habe er nicht getan. Er vermute, dass Kontakte zu anderen Stellen über die jeweiligen Referatsleiter, über Nocken bzw. auch über die „Auswertung“ erfolgten. Wenn es erforderlich war, wurden Informationen sofort über die Auswertung an Polizei weitergegeben. Er gehe auch davon aus, dass Brandt nicht vor polizeilichen Maßnahmen gewarnt wurde. Brandt bzw. jede Quelle werde durch die V-Mann-Führer geschützt, indem diesen z.B. Gegenstände, die den Straftatbestand des § 86a StGB erfüllen, weggenommen werden. Auf diese Weise wurde auch bei Brandt verfahren. Ermittlungsverfahren gegen Quellen seien normale Vorgänge. So stellte er die Frage, weshalb man in diese Vorgänge eingreifen solle. Tino Brandt habe auch von solchen Verfahren erzählt. Eine hausinterne Dienstvorschrift zur V-Mann-Führung gab es nicht. Die Führung wurde im Rahmen der Referatsleitung oder auch Abteilungsleitung besprochen. Die Gewährung und die Höhe von Darlehen wurden immer mit der Referats- oder Abteilungsleitung abgesprochen. Die Auswertung hatte jedoch unmittelbar nichts mit der fachlichen Führung der Quelle und deren Bezahlung zu tun. Im Rahmen der Führung musste man Brandt keine Aufträge geben, da er Extremist bis in die Haarspitzen war. Die Führung bestand darin, ihn einzubremsen. Es sei klar gewesen, dass dem TLfV die Quelle „um die Ohren fliege“, wenn sie ihn nicht bremsen. So habe man Treffen an Terminen vereinbart, an denen er etwas Rechtsextremes vorhatte, um ihn auch vor sich selbst zu schützen. Bei der Führung müsse man permanent am Ball bleiben. Es entstünden auch keine Freundschaften. Es kamen so viele Informationen, dass man Bauchschmerzen bekam. Er hatte so viele Informationen, dass er gar nicht alles erzählen konnte und so wohl unbewusst Vorgänge verschwiegen habe. Entgegen anders lautender Berichte wurde Brandt nicht elektronisch geführt. Die Quellenführung erfolgte persönlich oder telefonisch. Man habe sich einmal die Woche in einem sehr umfangreichen Zeitrahmen getroffen, öfter sogar zweimal. Es gab auch viele telefonische Nachfragen. Die Auswertung der Informationen fiel dann nicht mehr in seinen Bereich, da dies die Aufgabe des entsprechenden Referates war. Brandt sei bei manchen Personen in der Szene nicht beliebt gewesen. Es mag sein, dass der Verdacht, er sei Quelle in der Szene ruchbar wurde. Auch aus diesem Grunde habe man Brandt zu dessen Schutz einbremsen müssen. Man wollte verhindern, dass Brandt seine Führungsrolle auslebe, ihn also in seinen Aktivitäten beschneiden. Andere aus der Szene sollten die Führung des THS übernehmen. So habe das TLfV den THS gerade nicht geführt. Die Intention bestand darin den V-Mann Tino Brandt zu behalten. Ein „multipler Zugang“ sei dem Amt natürlich lieber, aber man hatte eben nur Brandt. Er gab an, dass das TLfV ohne Tino Brandt im THS blind gewesen wäre. Es sei die Aufgabe von „Forschung und Werbung“ sich um die Beschaffung weiterer Quellen zu bemühen. Dies sei wohl nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Quellen wurden nach dem „Wert“ der Zugänge und der Information bezahlt. Geld nannte er als einzige Möglichkeit einen V-Mann zu führen. Zur Verwendung der gezahlten Prämien durch Brandt führte der Zeuge aus, dass Brandt die Prämien zum großen Teil zu seinem persönlichen Bedarf ausgegeben haben dürfte. Er war großzügig zu sich selbst und erwarb Elektronik, neueste Handys, Bücher. Auch seine Autos waren immer wieder zu reparieren. Es sei aber nicht auszuschließen, dass er Teile davon auch in die Szene fließen ließ. Er habe das während seiner Tätigkeit im TLfV jedoch nicht thematisiert. Tino Brandt habe auch Sachleistungen erhalten, darunter Computer, was das TLfV aufgrund von Nützlichkeitserwägungen auch wollte. Die Computer-Ausstattung (PC und Modem) wäre im Vergleich zu heute auch nicht entsprechend teurer gewesen. Andere Quellen hätten auch ein Auto erhalten, was im Vorfeld mit der Referatsleitung abgestimmt wurde. Größere Beträge, die nicht abgesprochen waren, wären dem Führer der Beschaffungskasse aufgefallen. Anwaltskosten seien nicht bezahlt worden. Ihm seien keine derartigen Rechnungen vorgelegt worden. Diese Rechtsanwälte waren ja auch Rechte, die er nicht hätte finanzieren wollen. Grundsätzlich sei dies aber möglich. Weiter gab er an, dass man Quellen nicht zu viel Geld geben dürfe, um sich nicht selbst zu gefährden, da Geldströme irgendwann gegenüber der Szene zu rechtfertigen seien. Dies sei bei Brandt kein Problem gewesen, da er über ein reguläres Einkommen und eine Familie, die diesen unterstützen könnte, verfügte. Man habe aber eine "Legende" erarbeitet, woher das Geld stamme, um bei Nachfragen gewappnet zu sein. Die Zahlungen erfolgten nicht pro Treffen. Auch gab es kein Geld für die gerade gelieferte Information. Diese mussten erst bewertet werden. Dazu erfolgten Treffen zu erzieherischen Maßnahmen, in denen keine Zahlungen flossen. Zahlungen waren vom V-Mann zu quittieren. Lediglich in der Werbephase sei es hinzunehmen, dass die Unterschrift, wie es Brandt tat, verweigert werde. So wurden Eigenbelege gefertigt. Er sei von Brandt letztlich abgezogen worden, da es in seinem eigentlichen Aufgabengebiet Linksextremismus mehr zu tun gab. Im Bereich Rechtsextremismus, den er zugleich bearbeitete und darin keine Schwierigkeit sah, habe er neben Tino Brandt nur noch zwei weitere unbedeutende Quellen, die er drei bis viermal im Jahr getroffen habe, betreut. Im linken Spektrum waren es zur gleichen Zeit ungefähr drei bis vier V-Leute, die jedoch nicht so hochrangig wie Tino Brandt waren. Die gleichzeitige Führung von V-Leuten im linken und rechten Spektrum sei nicht üblich, aber der personellen Ausstattung geschuldet gewesen. Die Führung Brandts habe er kurz nach dem Verschwinden der Drei abgegeben. Hierauf habe er einen Einfluss gehabt. Er habe diesen zwar abgeschaltet, aber danach habe es keine Treffen mehr mit Brandt gegeben. Er stellte die Frage: "Warum sollte ich?" Bei Brandt sei keine Nachbetreuung mehr nötig gewesen. Der V-Mann "Günther" sage ihm nichts. Zur Frage, wen man denn für eine Tätigkeit als V-Mann anspreche, sagte er, Straftäter würde er nicht ansprechen. Leichte Propaganda-Delikte seien davon ausgenommen. Aber hochrangige Mitglieder seien natürlich interessant, da man von diesen viel erfahren könne. Die Bewertung eine Quelle erfolgte über einen Buchstabencode bzw. Schlüssel. „F“ bedeute z.B. „in der Erprobung“. Man hätte allerdings eine zweite Quelle gebraucht, um die Quelle Brandt und jede Quelle ganz genau bewerten zu können. Man hatte jedoch das Gefühl, über Brandt im Bilde zu sein. Brandt habe er keine Mitteilungen über oder Warnungen vor Durchsuchungen erteilt, zumal ihm solche Aktionen von anderen Behörden gar nicht mitgeteilt wurden. Man habe immer damit rechnen müssen, dass die Polizei argwöhnisch sei. Herr Iselt habe öfter verlauten lassen, dass Tino Brandt eventuell eine Quelle sein könnte. Die Enttarnung einer Quelle sei ein Spiel, bei dem die „Staatsschützer“ der Polizei zeigen wollten, dass sie die Besten seien. Die Delinquenz von Tino Brandt hat der Zeugen seinen Angaben nach nicht vom TLfV erfahren, sondern von Brandt selbst. Von einem Ermittlungsverfahren wegen § 129 StGB gegen Brandt wusste er damals nichts. Für ihn war Tino Brandt auch kein Straftäter, da er ja nicht rechtskräftig verurteilt war. Er sei der Meinung, dass man Brandt, wenn er von den ca. 30 Ermittlungsverfahren gewusst hätte, nicht abschalten müsse, sofern nicht verurteilt sei. Trotzdem komme es aber immer auf den individuellen Fall an. Jedoch tendiere er dazu eine Quelle im Falle einer Verurteilung wegen Landfriedensbruches eher abzuschalten als diese weiter zu führen. Das TRIO oder auch Kapke waren immer wieder Thema. Es ist aber keine originäre Aufgabe des Verfassungsschutzes Straftäter zu verfolgen. Dies ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft und der Polizei. Nach Hinweisen auf das TRIO wurde ein Auto mit Nachfolge - Technik ausgestattet, das Brandt einem führenden Nazi aus Jena unterjubeln sollte. Dabei handelte es sich nicht um Wohlleben. Das BfV habe dabei Hilfestellung geleistet. Es habe jedoch nicht geklappt. Da Kapke nicht nah genug dran war und man Wohlleben nicht als den Kontakt zum TRIO sah. Brandt habe in dieser Angelegenheit nicht mit gezinkten Karten gespielt. In seiner Dienstzeit wurde die Organisation des TLfV geändert. Fortan waren Beschaffer und Auswerter in einer Abteilung zusammengefasst, wobei es in dieser Struktur nur einen Abteilungsleiter gab. Die Fachaufsicht sei über die Referatsleitung erfolgt. Aus heutiger Sicht sehe er den Verfassungsschutz eher kritisch und würde das hierfür bereit gestellte Geld in Polizei und in die Stärkung der Zivilgesellschaft fließen lassen. Jürgen Zweigert (ehemals TLfV) Der Zeuge Jürgen Zweigert ist 62 Jahre alt, verheiratet und als Verwaltungsbeamter tätig. Er habe Tino Brandt nur in Vertretung als dessen V-Mann-Führer geführt, wenn der eigentliche V-Mann-Führer in Urlaub oder krank war. Er habe seine Tätigkeit im März 1994 im TLfV aufgenommen. Ursprünglich war er für die V-Mann-Führung eingeplant. Da es jedoch Probleme gab, wechselte er erst ab Mitte 1994 in die V-Mann-Führung. Ab dem Jahr 1995 war er als Vertreter in der Führung Brandts bis zu dessen Abschaltung tätig. Insgesamt habe er diesen ca. 10 - 15mal getroffen. Er kam als letzter aus Hessen nach Thüringen, wobei Herr Nocken ihn angesprochen haben soll. Die Motivation Nockens hierzu kenne er nicht, obwohl sie sich kannten. Nocken war Abteilungsleiter, der Zeuge im Bereich „Forschung und Werbung“ tätig. Ein Ermittlungsverfahren gegen Nocken war ihm nicht bekannt. Im August 2001 wurde er in das TLKA versetzt. Zur damaligen Zeit fanden eine Menge Fortbildungsveranstaltungen, allesamt in Köln, statt. In seiner Zeit im TLfV sei er aber nur einmal zur Fortbildung dort gewesen. Der Zeuge bezeichnete Brandt als sehr zuverlässig. Die gezahlten Prämien hielt er für angemessen, da die Zugänge gut waren. Darüber hinaus müsse auch die Gefahr für den V-Mann berücksichtigt werden. Brandt war „Spitzenverdiener“ in Thüringen. Andere Quellen hätten weitaus weniger verdient. Was in anderen Bundesländern gezahlt wurde, wisse er nicht. Der Schwerpunkt der Tätigkeit Brandts lag auf dem Bereich Saalfeld-Rudolstadt, aber er kam auch mit Namen aus Jena, wie Kapke und Wohlleben, in Berührung. Lediglich einmal war er mit dem Zeugen Bode bei Brandt zuhause. Im THS war ihm nur Brandt als V-Mann bekannt. Er hatte auch keine Kenntnisse zu den Ermittlungsverfahren gegen Tino Brandt. Er habe sich nicht bewusst damit auseinander gesetzt. Zur beruflichen Tätigkeit von Brandt führte er aus, das letzte, was er wisse, sei, dass dieser in Coburg in einem Verlag beschäftigt war. Ob es Warnungen aus der Polizei an V-Leute gab, wisse er nicht. Er habe Brandt nicht warnen können, da er keine Kontakte zur Polizei hatte und somit auch keine derartigen Informationen. Bundesweite Praxis sei es, dass V-Mann-Führer keine Kontakte zur Polizei hatten. Er bezeichnete es als Pflicht eines V-Mann-Führers den V-Mann hin und wieder "einzunorden", um diesen zu disziplinieren. Auch bei Zweigert sollte die Quelle jemanden aus der Szene anrufen und auf laut stellen, so dass der V-Mann Führer mithören konnte. Er sah dies als vertrauensbildende Maßnahme an. Man könne dies aber auch als TKÜ - Maßnahme sehen. Das TRIO wurde nicht erwähnt. Die Namen tauchten erst nach dem Verschwinden des TRIOs auf. Zum damaligen Zeitpunkt war das TRIO für das TLfV nicht so interessant. Für die Polizei mag das anders gewesen sein. Jedoch bezeichnete er die Rohrbomben und das Untertauchen des TRIOs als bemerkenswert. Zu seinen Hochzeiten habe er insgesamt sieben Quellen im rechten Spektrum, zum Schluss fünf Quellen geführt. So führte er auch einen V-Mann im Thüringer NPD-Landesverband, wobei dieser nichts mit dem THS zu tun gehabt und Brandt nicht gekannt hätte. Er habe einen V-Mann in Blood & Honour, einem im Musik-Bereich, drei in den Parteien geführt. Blood & Honour in Thüringen bezeichnete er als sehr klein. Der V-Mann habe eher Kontakte in andere Bundesländer gehabt. So sei hier kaum etwas gelaufen und überwiegend Konzerte veranstaltet worden. Zu Veranstaltungen von Blood & Honour habe er keine Erinnerungen mehr. Es habe nur eine Handvoll Mitglieder gegeben. Die Quelle in Blood & Honour hatte eher Kontakte und Beziehungen in andere Bundesländer (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Brandenburg, Berlin) oder gar ins Ausland. Diese Quelle als zu wichtig, um sie aus dem Ruder laufen zu lassen. Sie wäre nicht am Aufbau von Blood & Honour in Thüringen beteiligt gewesen. Es sei ihm nicht bekannt, dass es einen "Sektionsleiter Thüringen" oder einen Kassenwart für Blood & Honour gab. Mit einer Kasse sei es nicht weit her gewesen. Auch diese Quelle habe er nicht gewarnt, da er keine Verbindung zur Polizei hatte. Man habe die Quellen stets angewiesen vorsichtig zu sein. Auf welche Weise Nachrichten oder Warnungen an Quellen kommen könnten, könne er nicht sagen. Der Zeuge habe bewusst keine Dienstvorschriften für die V-Mann-Führung wahrgenommen. Er gehe davon aus, dass die Führung relativ einheitlich ausgestaltet sei und es keine großen Unterschiede gäbe. Er führte aus, dass ein V-Mann erst dann interessant sei, wenn dieser eine bestimmte Ebene erreicht habe, damit die Zugänge entsprechend ausfielen. Üblicherweise haben die Beschaffer die Auswertungsberichte nicht zurückbekommen. Rücksprache wurde bei Besonderheiten geführt. Er habe die Quelle getroffen, die entsprechenden Berichte gefertigt und diese, wie auch CDs, Fanzines und Bilder, an die Auswertung weitergegeben. Was diese „daraus mache“, wisse er nicht. Zu Nachfragen aus der Auswertung kam es vor allem dann, wenn der Verdacht bestand, dass die Quelle lüge. Die Nachrichtenehrlichkeit der Quellen werde von der Auswertung beurteilt, nicht vom Beschaffer. Die Auswertung überprüfe die Informationen und teile es mit, falls die Quelle gelogen hätte. Er wisse nicht, ob oder was die Auswertung an zusätzlichen Informationen beschaffte. Auf die Frage, wer die Klarnamen von V-Leuten kenne, führte er aus, die V-Mann-Führer, eventuell noch Referats- oder Abteilungsleiter. Jedoch solle der Kreis so klein als möglich sein. Normalerweise wisse die Amtsleitung über Klarnamen nicht Bescheid. Bei Brandt sei die Zahl der Mitwisser doch größer als sie sein sollte. Brandt war wohl ein Sonderfall. Zu Straftaten von Quellen außerhalb des rechtsextremen Bereichs war ihm nichts bekannt. V-Leute würden während des Treffs ausbezahlt, wobei sie Quittung unterschreiben müssten. Diese werden dann im Amt weitergegeben. Wer diese dann abzeichnet, wisse er nicht. Auf der Quittung unterschreibe nur der V-Mann. Die Zahlungen beliefen sich auf DM 300-400, manchmal DM 500. Eine Beziehung zwischen der Quelle in Blood & Honour und dem TRIO bestand nach seinen Angaben nicht. Die Quelle hatte zur Szene in Jena fast keinen Kontakt. Diese war für ihn uninteressant. Das TRIO habe er nicht benannt. Nach Abschaltung von Tino Brandt war es von Seiten der Amtsleitung aus untersagt, sich mit den Quellen aus dem rechten Spektrum zu treffen. Es mussten auch die Diensthandys abgegeben werden, so dass die Quellen diese nicht hätte erreichen können. Bis Sippel nach Roewer ins Amt kam, habe der Bereich Rechtsextremismus im Amt brach gelegen. So habe man ca. ein halbes Jahr keinen Kontakt zu den Quellen gehabt, wobei er im August 2001 in das TLKA wechselte. Er glaube nicht, dass in dieser Zeit eine der Quellen abgeschaltet wurde, zumal er eine Abschaltung seiner Quellen selbst hätte vornehmen müssen. In den Gesprächen mit den V-Leuten habe er diese nicht nach Kenntnissen von geplanten Straftaten gefragt. Keiner der V-Leute will darüber etwas gesagt haben. Man habe auch nicht nach Tätern oder Teilnehmern an Straftaten gefragt, auch wenn man bereits Kenntnis von solchen Taten hatte.

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