Bericht aus dem NSU-Untersuchungsausschuss

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Im öffentlichen Teil der Sitzung am 13.11.2012 wurden die Zeugen • StS a.D. Prof. Dr. Michael Lippert (ehemals TIM) • Heinrich Neisen (TLfV) vernommen StS a.D. Prof. Dr. Michael Lippert (ehemals TIM) Der Zeuge Prof. Dr. Michael Lippert erschien mit seinem Zeugenbeistand, Herrn Rechtsanwalt Valentin Sitzmann zu seiner zweiten Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss. Der Zeuge war bis November 1994 Staatssekretär im Thüringer Innenministerium. Für die erste Vernehmung habe einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt, um sich vorzubereiten. Dies sei ihm verweigert worden. Wegen der weit zurückliegenden Sachverhalte war er so zur Vorbereitung auf telefonische Kontakte angewiesen. Er habe bislang immer noch keine Akteneinsicht erhalten. Er habe das TIM zudem seit 1994 nicht mehr betreten. Sein einziger dienstlicher Kontakt zum TIM war der Antrag auf Akteneinsicht. Er habe den Leiter der Abteilung 4 im TIM, den er auch privat kenne, gesprochen und gefragt, wer war damals Abteilungsleiter 4, 5 und 2 und wie der Verfolgungsdruck gegen die rechte Szene ab 1992 gewesen sei. Mit einem weiteren Beamten sprach er darüber, wer Leiter des Aufsichtsreferates TLfV im TIM gewesen sei. Der damalige Innenminister Schuster habe ihm einmal gesagt, dass er auch keine Akteneinsicht bekommen habe. Ansonsten habe er keine Gespräche über den Untersuchungsausschuss geführt. Er sei zwar wie Roewer im BMI tätig gewesen. Es habe aber nur ganz dünne Berührungspunkte gegeben. Entgegen der Darstellung im neuen Buch von Roewer habe er mit diesem nicht in einem Referat gearbeitet. Dieses Referat habe es auch nicht gegeben. Bei der Ernennung eines Präsidenten für dieses Amt gäbe es mehrere Phasen: Findung, Abordnung, Kabinettsentscheidung und die Ernennung durch die Urkunde. Hier gab es zudem noch eine Konkurrentenklage von Herrn Winkler. Er führte aus, dass in der Findungsphase alle eingebunden waren. Man hatte den Druck, jemanden für das Amt zu finden. Das Verlangen in den Osten zu gehen, sei jedoch nicht so groß gewesen. In der Findungsphase habe er keine Gespräche mit Roewer geführt. Er bezeichnete den Aufbau des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht als die dringendste Aufgabe. Heinrich Neisen (TLfV) Der Zeuge Heinrich Neisen ist seit 1992 im TLfV tätig, davon bis ins Jahr 2000 als Ermittler, bis 2005 oder 2006 als V-Mann-Führer im Bereich Rechts und im Anschluss wiederum als Ermittler. Während seiner Ermittlungstätigkeit im TLfV habe er mit den Staatsanwaltschaften wenig zu tun gehabt. Sofern entsprechende Aufträge aus der Auswertung kamen, habe er dort die korrespondierenden Urteile eingesehen. Die Beschaffung von Informationen erfolgte meist nach schriftlichem Auftrag. Sein Vorgesetzter im TLfV war Herr Schrader. Im TLfV gab es zur in Frage stehenden Zeit einen Ermittler für „REX“, „Links“ und „Ausländer“. Heute gäbe es eine regionale Aufteilung. Er sei für den Bereich „REX“ zuständig gewesen. Die Motivationslagen zur Informationsgewinnung will er nicht gekannt haben. Man könne ihn als eine Art "Postboten" bezeichnen. Zu Warnungen an V-Leute könne er nichts sagen, könne es sich aber nicht vorstellen. Sofern V-Leute straffällig wurden, wurde die Schwere der Straftaten abgeklärt. Dann erfolgte entweder die Abschaltung oder dessen Weiterführung. Die Entscheidung hierüber erfolgte durch den Vorgesetzten. Zu Tino Brandt habe er keine Erkenntnisse. Warnungen könne er sich nicht vorstellen. V-Leuten seien ihre Grenzen aufgezeigt worden, wobei die Sanktion meist durch Kürzung der Prämien erfolgte. Er glaube aber, dass es Unterstützung bei der Zahlung von Anwaltskosten von V-Leuten gegeben habe. An die Polizeien seien regelmäßig wöchentlich entsprechende Informationen, i.e. Erkenntnisse der V-Mann-Führung, weitergegeben worden. Er führte aber aus, dass sie (TLfV) mehr genommen, als gegeben hätten. Erkenntnisse allerdings, die unter den Quellenschutz fielen, durften jedoch nicht weitergegeben werden. Damals habe es noch Quellenschutz gegeben, heute aber nicht mehr. Er antwortete auf die Frage, wann der Quellenschutz greife, eigentlich immer. Zur Informationsbeschaffung habe er neben Polizei und StAen auch Meldestellen, Gewerbeämter und Vereinsregister aufgesucht, aber auch Gerichte. Bei StAen und Gerichten habe man sich im Gegensatz zur Polizei, wo es u.U., wenn man gut zusammengearbeitet habe, auch unangemeldet möglich gewesen sei, im Vorfeld schriftlich anmelden müssen. Zwischen den Referaten Beschaffung und Auswertung gab es zwar einen Austausch, aber dieser erfolgte nicht regelmäßig, sondern je nach Bedarf. Über seine Gespräche / Ermittlungen fertige er einen Bericht. Aus der Auswertung komme dann evtl. ein Auftrag hier weiter zu ermitteln bzw. noch weitere Informationen einzuholen. Dabei bekomme er nicht die gesamte Akte, sondern nur die entsprechende Information. Diese gab es bei der Staatsanwaltschaft nur bei abgeschlossenen Verfahren. Bei der Polizei erhielt man zunächst die Information, dass die Verfahren noch offen sind bzw. das Tatblatt. Später führte er aus, dass man auch die Beschuldigtenvernehmungen bekommen habe. Bei der Zahlung für Informationen gab es einen Ermessensspielraum, wobei aber Obergrenzen bestanden. Außerdem verfüge jede Quelle über eine Bewertung, wonach auch die Prämien für Informationen bemessen würden. Hierbei bewerte der V-Mann-Führer zunächst die Quelle und stimme dies mit seinem Vorgesetzten ab. Jede weitere Höherstufung musste schriftlich beantragt werden. Auch die Zahl der Straftaten der Quelle sei sicher ein Kriterium für deren Einstufung. Dadurch dass er einen Bericht schreibe, könne die Straffälligkeit einer Quelle ermittelt werden. Ein Duplikat gehe an „Forschung und Werbung“, wo abgeglichen werden solle, ob nach diesem Bericht Quellen betroffen oder gar straffällig geworden seien. Außer dem jeweiligen V-Mann-Führer und dessen Vorgesetzten wisse niemand, wer Quelle sei. Die Grenze eine Quelle aufs Spiel zu setzen sei überschritten, wenn man es nicht mehr verantworten könne. Bei einem Delikt nach § 86a StGB sei dies noch nicht der Fall. Bei einer Körperverletzung komme es drauf an, ob die Quelle tatsächlich der Täter sei oder ob Notwehr vorliege.

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