Im August vorigen Jahres hatte die Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag einen Antrag eingebracht, der darauf abzielte, unfreiwillige Klassenwiederholungen - sprich das Sitzenbleiben - faktisch abzuschaffen. Ausgangspunkt waren jahrzehntelange Studien die belegen, dass Klassenwiederholungen in der Regel teuer und unwirksam sind und zudem vielmehr dazu führen, dass die Betroffenen fortlaufend schlechte Leistungen erbringen.
„Unser Anliegen war und ist es, Schulen die Möglichkeit einzuräumen, Schule ohne Sitzenbleiben zu werden – wie das bereits in Berlin und Hamburg der Fall ist. Diesen Schulen sollten entsprechende Fortbildungs- und Beratungsangebote für Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen zur besseren individuellen Förderung zur Verfügung gestellt werden. All das hat die Koalition im Bildungsausschuss nunmehr abgelehnt. Begründung: In Thüringen sei alles bestens und eine solche Fortentwicklung nicht notwendig. Dies sehen wir allerdings anders“, stellt Astrid Rothe-Beinlich, Bildungspolitikerin der bündnisgrünen Fraktion klar.
„Zum einen hatten uns die Koalitionsfraktionen und das Ministerium zunächst zugesagt, unseren Antrag gemeinsam mit dem Schulgesetz zu beraten. Dies fand jedoch nicht statt. Zum anderen hätten wir nun wenigstens gern eine Anhörung durchgeführt, um im Bildungsausschuss ExpertInnen zu Wort kommen zu lassen, die bereits Erfahrungen mit Schulen ohne Sitzenbleiben haben, und zudem BildungsforscherInnen zu hören, um für Thüringen den besten Weg zu finden. Aber auch daran hatten die VertreterInnen von SPD und CDU kein Interesse“, bedauert die Grünenpolitikerin.
„Dabei wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt für eine solche Debatte – schließlich hatten das Ministerium und auch SPD-Bildungspolitiker Metz zunächst Unterstützung für das Anliegen signalisiert. Offenkundig musste diese nunmehr jedoch der Koalitionsdisziplin weichen“, mutmaßt Rothe-Beinlich. Derzeit werden sowohl die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf individuelle Förderung, der sich im novellierten Schulgesetz findet als auch die Schulordnung beraten, über die im Bildungsausschuss allerdings lediglich noch ein Benehmen hergestellt werden soll.
„Wir hätten uns gewünscht, dass dies genutzt wird, um über Alternativen zu Klassenwiederholungen ins Gespräch zu kommen – ebenso auch über Fragen der Bewertung von Leistungen. Schließlich sollte es doch unser gemeinsames Ziel sein, jedes Kind zu einem Schulabschluss zu führen, unabhängig davon, welche Voraussetzungen es mitbringt. Und genau dafür braucht es gut durchdachte Konzepte. Wir sind überzeugt: Gute individuelle Förderung erspart das Sitzenbleiben“, schließt Rothe-Beinlich.
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