Gesetz zur Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen und des Thüringer Landeswahlgesetzes

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Wirkliche Demokratie ist weniger ein Zustand als eine täglich zu praktizierende Lebensform in allen Bereichen von Gesellschaft und Staat. Vor dem Hintergrund einer stetig abnehmenden Wahlbeteiligung ist es auch aus staats- und gesellschaftspolitischen Gründen wichtig, möglichst alle Mitglieder der Gesellschaft so frühzeitig wie möglich an den demokratischen Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen. Die Herabsetzung des Wahlalters ist hierfür ein geeignetes Mittel. Sie wird der veränderten Lebenssituation von Jugendlichen insbesondere in der heutigen (Informations- und Medien-)Gesellschaft gerecht. Partizipation und Mitwirkung in allen gesellschaftlichen Bereichen ist für viele Jugendliche heute selbstverständlich.

Dieses gewandelte Selbstverständnis vieler Jugendlicher im Hinblick auf gesellschaftliche Mitgestaltung muss auch im Wahlrecht seinen adäquaten Niederschlag finden. Viele Jugendliche zeichnen sich durch hohe Bereitschaft zum Engagement aus und sind zivilgesellschaftlich und bürgerschaftlich engagiert. Sie zeigen durch die Mitarbeit in Jugendverbänden, Vereinen, Initiativen und anderen Beteiligungsformen Einsatzbereitschaft und Interesse an der Gestaltung des demokratischen Gemeinwesens. Nach Auffassung der Landesregierung besteht kein Zweifel, dass Jugendliche hinsichtlich ihrer sozialen Kompetenz, ihrer Reife und ihrer intellektuellen Urteilsfähigkeit heute früher als mit der Vollendung des 18. Lebensjahres politisch entscheidungsfähig sind.

16-Jährige sind von der Landespolitik stark betroffen. Die Schulpolitik beispielsweise ist Ländersache und betrifft Jugendliche am stärksten. Bildung spielt im Entwicklungsprozess junger Menschen eine zentrale Rolle. Neben vielen Soziologen und Politikwissenschaftlern ziehen auch führende Juristen, wie der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, die Konsequenz, dass 16-Jährige heute Wahlentscheidungen treffen können (Zitat aus: Focus Online vom 13. April 2009, Spiegel Online vom 19. April 2009). Im Zuge der in vielen europäischen Ländern schon länger stattfindenden gesellschaftlichen Diskussion um die Absenkung des Wahlalters hat die Mehrheit der deutschen Bundesländer heute das Wahlrecht mit der Vollendung des 16. Lebensjahres bei Kommunalwahlen eingeführt. Darüber hinaus gibt es bereits eine Wahlberechtigung ab der Vollendung des 16. Lebensjahres auf Landesebene bei den Wahlen zur Bremischen und Hamburgischen Bürgerschaft sowie für die Landtagswahlen in Brandenburg und Schleswig-Holstein. In Österreich können 16-Jährige über die Kommunal- und Landesebene hinaus an Nationalrats- und Europawahlen teilnehmen. Der Freistaat sollte, wenn es um die Erweiterung der demokratischen Mitbestimmungsrechte geht, mit vorangehen und das aktive Wahlrecht mit Vollendung des 16. Lebensjahres, also ab dem 16. Geburtstag, für die Landtagswahlen einführen.

Die Herabsetzung des Wahlalters ist ein Angebot an Jugendliche, möglichst früh an politischen Entscheidungen, deren Reichweite sie übersehen und unmittelbar erfahren können, teilzuhaben.Damit kann auch die Bindung der Jugendlichen an die Region erhöht werden. Der vorliegende Gesetzentwurf betrifft die Absenkung des Alters für das aktive Wahlrecht bei Landtagswahlen. Parallel dazu soll in einem gesonderten Gesetzentwurf das Alter für das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen ebenfalls auf 16 Jahre herabgesenkt werden.

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