Längeres gemeinsames Lernen – Wie weiter nach Hamburg?

Bild zur Pressemitteilung
Die Diskussion zur Zukunft der Thüringer Schule muss dringend weitergeführt werden – das ist ein Resultat der gestrigen Gesprächsrunde im Ratskeller in Nordhausen. Astrid Rothe-Beinlich, Vizepräsidentin im Thüringer Landtag und bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, stellte sich dabei den Fragen zahlreicher interessierter Bürgerinnen und Bürgern. Unter anderem wurde auch darüber diskutiert, welche Folgen das Ergebnis der Volksabstimmung in Hamburg auf die Einführung des längeren gemeinsamen Lernens in Thüringen hat. Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Thüringen sind bundesweit die drei Hauptschauplätze bei der Einführung des längeren gemeinsamen Lernens. „Die Erfahrungen aus Hamburg zeigen, dass sich ein Bildungsmodell nicht von Oben verordnen lässt. Das macht sehr deutlich, wie wichtig es ist, dass alle Beteiligten, Eltern, LehrerInnen, SchülerInnen und die lokalen Entscheidungsträger vor Ort in die Debatte einbezogen werden“, so Rothe-Beinlich. Die Bündnisgrünen im Thüringer Landtag werben für eine konsequente Umsetzung des längeren gemeinsamen Lernens. Dieses Modell sieht vor, die frühzeitige Auslese nach der vierten Klasse zu beenden und die Kinder bis zum Abschluss der Sekundarstufe I, der Klasse 9, gemeinsam lernen zu lassen. Die Absolvierung des gymnasialen Abschlusses soll anschließend von der zehnten bis zur 13. Klasse möglich sein. Dass sich die Debatte nicht nur um Schulstrukturen, sondern verstärkt auch um Inhalte drehen muss, machte der Diskussionsabend sehr deutlich. „Wir wollen, dass die Kinder gemeinsam lernen und besser individuell gefördert werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass eine demokratische und tolerante Schulkultur sowie eine bessere personelle und sachliche Ausstattung an den Schulen geschaffen wird“, so Rothe-Beinlich. Ein weiteres Resultat des BürgerInnengesprächs war, dass es im Schulbereich nach wie vor viele Baustellen gibt. Angesprochen wurden zum Beispiel die fehlenden Referendariatsstellen für LehramtsanwärterInnen, die ungleiche Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern an Grundschulen, Regelschulen und Gymnasien, überfrachtete Lehrpläne, ständige Neuauflagen von Projekten des Bildungsministeriums und eine zunehmende Verunsicherung der PädagogInnen aufgrund der bildungspolitischen Orientierungslosigkeit der Landesregierung. Auch die Inklusion, also die Integration von Kindern mit körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen in den ganz normalen Schulalltag, wurde kontrovers diskutiert. „Die Zahl der FörderschülerInnen ist in Thüringen jahrelang zu hoch gewesen, eine Reduzierung dringend nötig. Eine komplette Abschaffung der Förderschulen macht aber auch keinen Sinn, denn Integration gelingt nicht um jeden Preis“, erläuterte die Bildungsexpertin der bündnisgrünen Landtagsfraktion. Astrid Rothe-Beinlich erklärte zum Schluss ihre Bereitschaft, die Diskussion gern vor Ort weiterzuführen. Gisela Hartmann, Initiatorin der Veranstaltung und grüne Stadträtin in Nordhausen, sieht die Veranstaltung daher nur als Auftakt einer Reihe von weiteren Gesprächen.