Bericht aus dem NSU-Untersuchungsausschuss

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Im Sitzungstermin des UA 5/1 am 13.05.2013 wurden im öffentlichen Teil der Sitzung die Zeugen

• KHK Ralf Davids (TLKA)

• Mike Baumbach (TLfV)

• S. F. (TLfV) • Friedrich-Karl Schrader (TLfV)

• StA Andre Sbick (StA Gera) vernommen.

KHK Ralf Davids (TLKA) Der Zeuge KHK Ralf David ist 51 Jahre alt, verheiratet, Kriminalbeamter und damals im MEK als stellvertretender Gruppenführer tätig. Bei einer der Observationen von Böhnhardt habe man festgestellt, dass gleichzeitig noch eine „andere Observation“ durchgeführt worden sei. Eine Gegenobservation komme jedoch öfter vor. Dies sei ein normaler Vorgang. Sie vermuteten, dass die Gegenobservanten Kräfte des TLfV gewesen seien. Im weiteren Verlauf der Angelegenheit war es klar, dass dies Kräfte des TLfV waren. Dies sei der logische Schluss gewesen. In einem solchen Fall ziehe sich eine Truppe dann zurück. Unter anderem bemerke man dies an Pkws, bei denen man bei einer Abfrage feststelle, dass diese nicht auf Personen zugelassen seien. Er wisse jedoch nicht mehr, welcher Beamte den Funkspruch, dass noch ein anderer Dienst observiere, abgesetzt habe. Der Einsatzleiter, an diesem Tag Herr Huck, sei es jedoch mit Sicherheit nicht gewesen. Im Einsatz spreche man auch nicht darüber, weshalb man abgezogen werde. Man erhalte den Funkspruch „Abbruch“, dem man dann ohne Nachfrage Folge leiste, da „DECKUNG VOR SICHT“ gehe. Eine Nachbesprechung diesbezüglich habe aber mit Sicherheit stattgefunden. Im Rahmen der Observation sei er an diesem Tag in der „Observationsglocke“ etwas abseits am Uniklinikum alleine tätig gewesen. Es herrschte eine hohe Belastung mit ca. 80 Einsätzen pro Jahr. Zum damaligen Zeitpunkt sei man fast immer in Vollstärke (20 Beamte) zum Einsatz gefahren. Zu einem späteren Zeitpunkt habe er in Zusammenarbeit mit der Zielfahndung einen Einsatz geleitet. Dabei sei man von einem eventuellen Treffen Böhnhardts mit seinen Eltern auf der Expo in Hannover ausgegangen. Der Auftrag an sich sei relativ unspektakulär gewesen. Man habe Orte für Anschlussmaßnahmen auffinden sollen. Alle fünf Jahre werden Einsatzberichte turnusmäßig vernichtet. In den MEK - Unterlagen dürfte zu diesen Einsätzen in 1997 nichts mehr zu finden sein. Im Bereich „REX“ habe man eher weniger zu tun gehabt. Die meisten Einsätze des MEK erfolgten im Bereich der Schwerkriminalität. Im Bereich „REX“ sei es nicht ungewöhnlich, wenn das TLfV vor Ort gewesen sein sollte. Es wäre jedoch wünschenswert gewesen, wenn die Einsätze koordiniert gewesen wären. Mittlerweile erfolge eine Abstimmung solcher Einsätze über die „Einsatzkoordinierung Spezialkräfte“. Man habe aus solchen Vorfällen gelernt. Ob im Einsatzauftrag „TNT“ vermerkt sei oder nicht, ändere nichts an der Einsatzintensität. Jedoch mache das Milieu, in dem observiert werden solle, einen Unterschied aus. Sofern das Ziel verhaftet werden solle, wäre man aber auf den entsprechenden Hinweis „TNT“ angewiesen, um das Vorgehen planen zu können. Für die Eigensicherung aber wäre es gut gewesen, wenn in der Einsatzanforderung „TNT“ oder „USBV“ vermerkt gewesen wären. Aufgrund der hohen Einsatzbelastung könne man die Medien gar nicht mehr im üblichen Maße verfolgen. Man sei damals froh gewesen, wenn man zwischen den Einsätzen neun Stunden Pause hatte. Es sei mangelhaft, sich darauf zu verlassen, dass man im MEK über das Vorhandensein von TNT über die Medien erfahre. Ob man von diesem Umstand Kenntnis hatte, wisse er allerdings nicht mehr. An gemeinsame Einsätze mit TLfV könne er sich nicht erinnern.

Mike Baumbach (TLfV) Der Zeuge Baumbach ist seit Dezember 2009 in der Landespolizeidirektion Erfurt im Bereich Verkehrsmesstechnik und Verkehrsüberwachung tätig. Das TLfV sei seine erste Dienststelle ab September 1992 gewesen. Zuvor habe er eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker abgeschlossen. In die LPD sei er aufgrund seines Wunsches nach Veränderung gewechselt. Er habe sich verändert, das Amt habe sich verändert. Er habe dort eine technische Aufgabe, die ihn gereizt habe, übernehmen können. Damals herrschte Aufbruchsstimmung im TLfV. Dort tätig zu sein, war etwas Besonderes. Man wollte das kleine Amt aufbauen. Die Mitarbeiter aus Ost und West arbeiteten gut zusammen. Er war als Ermittlungsführer im TLfV tätig. Im Rahmen der Observation von Böhnhardt habe er sämtliche Erkenntnisse ausgewertet. Die Ergebnisse sollten irgendwann an die Polizei weitergegeben werden. Aufgrund der Vorfälle „Puppe an der A4“ und „Theaterbombe“ war es klar, dass es eine rechte Gruppe in Jena gab. Die entsprechenden Personen wurden mit Observationen überzogen, um festgestellte Kontaktpersonen abzuklären. Das TLfV war „am Ball“ und hat auch nach Sprengstoff gesucht, da die Frage, welche Menge Sprengstoff überhaupt vorhanden war, klären war. Der Auftrag zur Observation stamme wohl von Herrn Wiesner - seinem damaligen Referatsleiter - oder Herrn Schrader. Wann der Auftrag erteilt wurde, wisse er nicht mehr. Die Dauer einer Operation sei vom Ergebnis abhängig. Ebenso gebe die Zielperson die Dauer des Einsatzes vor. Die Dauer dieser Observation wisse er nicht mehr. Er gehe aber eher von Wochen aus. In der Observationsgruppe waren 10-15 Personen, die quasi rund um die Uhr observiert hatten, tätig. Auf die Frage, ob das TLfV von der Polizei Hinweise auf Sprengstoff erhalten habe, antwortete er, dass er eher glaube, die Polizei habe vom TLfV Hinweise auf Sprengstoff und Ort bekommen. Man war der Einschätzung, dass an dem fraglichen Personenkreis mehr dran war und in der Garage etwas drin sein könnte. Bei der Feststellung der Garage sei er nicht vor Ort, aber auf dem Weg dorthin gewesen. Man war erleichtert, dass man endlich den Durchbruch erzielt habe. Man hatte Erfolg, wobei jedoch die nur eingeschränkte Möglichkeit der öffentlichkeits-wirksamen Darstellung ein Problem darstellte. Die Verschriftung der jeweiligen Ergebnisse erfolge stets unmittelbar nach den Einsätzen, nur in Einzelfällen zwei bis drei Tage nach dem Einsatz. Den konkreten Bericht zu diesem Einsatz habe er nie gesehen. Er habe aber einen Entwurf hierzu zur Kenntnis genommen. Wenn die Inhalte dieses Entwurfs in dieser Form an das TLKA gegangen sind, dann entsprachen diese dem Kenntnisstand des TLfV. Eventuell fehlen im Bericht aber auch Informationen, so dass möglicherweise nicht alle Erkenntnisse weitergegeben worden seien. Er frage sich, ob weiter gegeben worden sei, dass eventuell eine Diskrepanz zwischen Mieter und Nutzer bestand. Ob Erkenntnisse mündlich weitergegeben worden seien, wisse er nicht. Er wisse weder welchen Auftrag das TLKA formuliert - hier habe es einen Auftrag des TLfV gegeben - noch welche Kenntnisse das TLKA gehabt habe. So habe z.B. der „Puppentorso“ TLfV und TLKA gleichermaßen betroffen und Ermittlungen ausgelöst. Da das Trennungsgebot bestehe, sei ein Austausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz schwierig. Mit Uwe Böhnhardt habe man bereits vorher allgemein im Referat 24 zu tun gehabt. Die Zielperson - Böhnhardt - selbst habe sie zum Zielobjekt geführt. Auf die Frage nach weiteren Quellen, antwortete er, dass seiner Erinnerung nach keine Observation der Eltern, sondern der Kontaktpersonen in der Szene durchgeführt wurde. Herr Apel sei nicht observiert worden. Es habe Protagonisten in der Szene gegeben. In diesem Falle (THS / KSJ) sei es immer derselbe Personenkreis, jedoch nicht notwendigerweise immer die Drei gewesen. Das spätere Trio sei aber bekannt gewesen. Im Bereich Rechts habe das TLfV sicherlich mehr Personen als in anderen Bereichen beobachtet. Die einzelnen Namen seien ihm jedoch nicht mehr erinnerlich. Werbung von Quellen an sich habe nicht zu dessen Aufgaben gezählt. Ihm habe oblegen die entsprechende Vorbereitungen hierfür zu treffen. Solche Vorbereitungen habe es aber weder zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe oder Wohlleben gegeben. Er denke nicht, dass bei Beate Zschäpe eine Vorprüfung zur Werbung als V-Person durchgeführt worden sei. Er habe weiter keine Erinnerung daran, welche Rechten angesprochen worden seien, um als V-Leute geworben zu werden. Er sollte im Jahr 2003 das Referat 24 als „Totengräber“ an seinen Nachfolger übergeben. Das Referat 24 wurde im Zuge der Zusammenlegung von Beschaffung und Auswertung aufgelöst und ist im Referat 22, das Herr Schrader leitete, aufgegangen. Zur Schnelligkeit des Erfolgs führte er aus, dass möglicherweise die Glücksgöttin Fortuna auf Seiten des TLfV gewesen sei. Ebenso sei es nicht ausgeschlossen, dass zwei Observationsgruppen (TLfV / TLKA) gleichzeitig vor Ort waren. Die Nummern der Pkw waren bekannt. Möglicherweise setzt man sich mit den anderen in Kontakt und eine Gruppe zieht sich daraufhin zurück. Bis zum Abtauchen der Drei seien keine nachrichtendienstliche Mittel eingesetzt worden. Es seien lediglich Observationen durchgeführt worden. In seiner Tätigkeit als Ermittler war er eventuell auch bei Herrn StA Schultz. Er verbinde mit diesem aber kein Bild. Er sei aber auch bei anderen Staatsanwaltschaften gewesen, um die Delinquenz von Personen, auch von V-Personen, zu überprüfen. Hierbei – aber auch zur Vorprüfung - sei es aber einfacher die entsprechenden Polizeiakten einzusehen. Im Rahmen seiner Vernehmung vor der Schäfer-Kommission habe er nicht davon gesprochen, dass Beate Zschäpe BtM konsumiert habe, sondern allgemein von Ausschlusskriterien bei der Werbung von V-Personen. Zschäpe habe man nicht nehmen wollen aufgrund von psychischen Problemen, die er für Depressionen gehalten habe. Bei der Gewinnung dieser Informationen gäbe es Grenzen. So würden hierfür keine Arztprotokolle eingesehen werden. Die Information stamme wohl vom Hörensagen, eventuell von einer Quelle, die die Zielperson (Zschäpe) kannte. Die Einstufung des Vermerks des TLfV zur Garage als „VS-Vertraulich“ erfolgte wohl aufgrund des Enthaltens von persönlichen Daten. Jedoch sei der Vermerk seiner Meinung nach wohl nicht komplett. S.F. (TLfV) Der Zeuge F. ist Polizeibeamter. Im Zeitraum von 1997 bis 2001 war von der Polizei an das TLfV abgeordnet und als Observant im Observationsteam tätig. Er wechselte daraufhin zurück in die Polizei und ist nun wieder an das TLfV abgeordnet. Er war Teil des Observationsteams, das die Garage Nr. 5 aufgespürt hat. Dieses bestand aus ca. 10 Mitarbeitern. Zu welchem Zeitpunkt dieser Auftrag erteilt wurde, wisse er nicht mehr. Das TLfV sollte dem TLKA mit der Observation Amtshilfe leisten. Dies sei in Hintergrundgesprächen gesagt worden. Neben seiner Tätigkeit als Observant sei er aber auch Ermittler im Raum Südthüringen (Sonneberg, Meiningen) gewesen. Auf seiner Arbeitsebene sei Böhnhardt zum ersten Mal im Fokus gestanden. Zu den Einzelheiten der Observation führte er aus, dass die Zielperson „begleitet“ worden sei. Es sei Spiritus gekauft worden. Dann hätten Böhnhardt und Mundlos eine Garage angelaufen, die diese betreten und gleich wieder geschlossen hätten. Das Objekt sei schwer zu observieren gewesen ohne gleichzeitig entdeckt zu werden. Er sei den beiden alleine gefolgt, nachdem diese die Brücke über die Saale, über die man den Garagenkomplex erreichen konnte, überquert hatten. Dabei seien ihm keine Personen begegnet. Auch auf dem Garagenkomplex habe er keine weiteren Personen bemerkt. Die entsprechenden Bilder habe er aus Sicherheitsgründen erst gefertigt, nachdem Böhnhardt und Mundlos den Komplex wieder verlassen hätten. Er sei sich sicher, dass sich kein zusätzliches Vorhängeschloss an der Garage befunden hätte. Ein solches sei ihm nicht aufgefallen. Allerdings sollte solch ein Schloss kein Problem darstellen. Im Nachgang teile man dann seine Eindrücke mit, die dann verschriftlicht würden. Die Skizze vom Garagenkomplex hätte er aber persönlich gefertigt. Er habe zudem keine Kenntnis über Mitteilungen von Quellen hierzu. Vom Erfolg der Observation habe er aus der Zeitung erfahren. Zielpersonen der Observation seien Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gewesen, Böhnhardt in jedem Falle, eventuell auch noch Kapke. Im Rahmen der Observation sei er in diesem Zeitpunkt der erste gewesen, der den beiden folgen konnte. Er sei allein gewesen. Ob man folge, müsse man situativ entscheiden. Er habe gesehen, dass die beiden in die Garage gegangen seien. Er konnte die Zahl der Garage sehen und habe dich dann zurückgezogen. Die anderen Fahrzeuge, etwa fünf bis sechs, seien um den Komplex herum geparkt gewesen. Er sei dann zurück zur Garage, als die beiden das Gelände verlassen hätten, und habe dann die Fotos geschossen. Man sei allerdings zuvor schon einmal an diesem Garagenkomplex gewesen, aber zu diesem Zeitpunkt habe man die „Kontrolle über die beiden verloren“. Bei anderen Observationen in Jena habe man u.a. auch Kapke, wahrscheinlich im Zusammenhang mit den sog. Hess-Aufmärschen, observiert. Böhnhardt und Mundlos haben sich im Verlauf der Observation stets „ganz normal“ verhalten. Nur an Garage 5 hätten sie sich anders benommen, so dass der Schluss zu ziehen war, dass hier möglicherweise Anschlussmaßnahmen Sinn machen würden. Eine Observation sei ergebnisoffen. In dem kurzen Briefing zum Einsatz sei von einer Garage keine Rede keine Rede gewesen. Er selbst habe keinen Kontakt mit Beamten des TLKA gehabt. Dies erfolge höchstens auf Leitungsebene. Kenntnisse von Observationen gegen Böhnhardt vor den Observationen im November 1997 habe er nicht. Aus Einsatzsicht war die Observation ein voller Erfolg, da man nicht entdeckt worden sei und die „Bombenwerkstatt“ eben festgestellt habe. Friedrich-Karl Schrader (TLfV) Der Zeuge Schrader führte aus, dass ihn der damalige Präsident des TLfV Dr. Roewer im November 1997 zu sich rief, um sowohl Täter als auch die mögliche Bombenwerkstatt zu finden, da das TLKA nicht vorankam. Die Erkenntnisse wollte man dem TLKA dann mitteilen. Es seien zwei Observationsteams gebildet worden. Eines wurde auf Böhnhardt und Mundlos, das andere auf Kapke angesetzt. Es sei alles sehr schnell gegangen. Man verfasste im Anschluss den Bericht und dachte das TLKA führe dann unmittelbar eine Durchsuchung durch. Der Bericht sei als „Geheim“ eingestuft worden, da der Vorgang noch weitergeführt werden sollte. Aber dann sei von Seiten des TLKA nichts veranlasst worden. Erst nach Abschluss hätte der Bericht abgestuft werden sollen. Den Bericht hätten das TLKA oder die StA Gera auch verwenden können. Man hätte diesen nur nicht in eine offene Akte heften dürfen. Das Schreiben sei dann zu einem späteren Zeitpunkt schließlich abgestuft worden. Er könne sich - nach Vorhalt des entsprechenden Schreibens - nicht vorstellen, aus welchem Grunde das Schreiben an das TLKA erst im Nachhinein am 28.01.1998 herabgestuft worden sei. Nach der Durchsuchung am 26.01.1998 sei Dr. Roewer dann mit dem Ansinnen zu ihm gekommen, nun das Trio zu suchen. Diese Suche sein eigentlich nicht Aufgabe des TLfV. Man habe dies aber dadurch „gerettet“, dass die Drei immer noch Rechtsextremisten und so Beobachtungsobjekte seien. Garage 5 habe man vor den Durchsuchungsmaßnahmen im Gegensatz zu den Garagen 6 und 7 nicht gekannt. Im Jahr 1997 gab es bereits vor dem Monat November Observationsmaßnahmen gegen Böhnhardt, in deren Zuge diese beiden Garagen ermittelt worden seien. Bei den Maßnahmen Ende November 1997 wurde festgestellt, dass sich die beiden an Garage 5 sehr konspirativ verhalten hätten. In Kritik der Durchsuchung am 26.01.1998 führte er aus, dass man im Vorfeld eine hätte gründliche Voraufklärung hab machen müssen, um die Sicherungen an den Garagen aufzunehmen. Gleichzeitig hätte man Eigentümer, Mieter und Nutzer abklären müssen und die Maßnahmen an allen Objekten gleichzeitig beginnen. Eine derartige Durchsuchung hätten aber auch „ausgewachsene“ KOKe oder KHKe durchführen können müssen, selbst wenn die jeweiligen Leiter nicht vor Ort oder krank gewesen seien. Einer Behörde stehe es aber nicht an, eine andere zu maßregeln. Jedoch seien handwerkliche Fehler gemacht worden. Auf Nachfrage antwortete er, dass er nicht glaube, den Bericht für das TLKA erst nach der Durchsuchung am 26.01.1998 abgestuft zu haben. Er glaube auch nicht, dass das TLfV wegen Straftaten vorobserviert habe. Observationen gäbe es auch im Rahmen von „Forschung & Werbung“. Dass ein Observationstrupp des TLfV auf einen solchen des TLKA getroffen sei, sei öfter vorgekommen. Zur Erteilung des Observationsauftrages gab er weiter an, dass er diesen von Dr. Roewer erhalten habe. Herr Dressler sei nicht zu ihm gekommen. Wenn dem so gewesen sein soll, hätte es zumindest eine schriftliche Anfrage geben müssen. Ein solches Vorgehen sei auch unüblich gewesen. Herr Nocken sei ebenfalls einbezogen gewesen. Es stimme, dass Herr Dressler im Verlauf der Fahndung von TLfV nicht informiert worden sei. Es habe aber die Absprache / Anweisung gegeben, nur mit der Zielfahndung zusammenzuarbeiten. Den Auftrag Böhnhardt zu observieren bezeichnete er als nichts Ungewöhnliches. Er glaube nicht, dass es in den Jahren 1997/98 die Werbung von V-Leuten in Jena gegeben habe. Für 1998 könne er dies ausschließen, da die ganze Zeit über der Fall „Drillinge“ zu bearbeiten war. Höchstens Anfang 1997 habe es Werbungsmaßnahmen gegeben. Man hatte versucht ein Person als V-Mann zu werben, aber diese war nicht führen. Im TLfV habe man gedacht, die Drei würden sich nach Südafrika absetzen wollen. Er schließe es aus, dass die Nachricht, die Drei wollten sich in die USA absetzen, vom TLfV stamme. Im Januar 1998 schließlich seien die Observationsmaßnahmen ausgelaufen.

StA Andre Sbick (StA Gera) Der Zeuge Sbick ist 49 Jahre alt, verheiratet und Staatsanwalt bei der StA Gera. Damals war er im Dezernat für allgemeine Straftaten / Kapitaldelikte (Mord & Totschlag) tätig gewesen. Ihm sei es anfangs nicht erinnerlich gewesen, dass er damals mit der Angelegenheit betraut gewesen sei. Böhnhardt und Mundlos seien ihm ein Begriff gewesen, Zschäpe jedoch nicht. Herr StA Schultz teilte ihm damals kurz vor Beginn der Durchsuchungsmaßnahmen mit, dass er diesen vertreten solle. Dessen ursprünglicher Vertreter, StA Mohrmann, sei auch verhindert gewesen, so dass er „ins Spiel gekommen sei“. Er empfand es als komisch, dass dieser ihm mitteilte, dass er krank sein werde. Die Hintergründe bringe er aber nicht mehr übereinander. Die Akten zum Vorgang habe er im Vorfeld nicht gesehen. Er habe nur die Handakte zur Hand gehabt, so dass er nur sehr „dünn bestückt“ gewesen sei. In dieser Handakte befand sich aber keine Ablichtung des Durchsuchungsbeschlusses. Er nehme normalerweise eine Kopie des Beschlusses in die Handakte, während eine Ausfertigung in die Sachakte komme. Eine Festnahme von Personen sei nicht Thema gewesen. Er sei darüber informiert worden, dass es um die Kofferbombe ginge und mehrere Durchsuchungen gleichzeitig im Raum Jena geplant seien. Ihm sei nahegelegt worden, mögliche weitere Durchsuchungen wegen Gefahr im Verzug anzuordnen. So sei er in seinem Büro gesessen und habe gewartet. Es sei aber lange Zeit nichts gekommen. Er sei erreichbar und sein Büro informiert gewesen. Wenn er wisse, dass eine Maßnahme laufe, bleibe er auch. Dass der Anruf an ihn um 10:30 Uhr erfolgt sein soll, bezeichnete er als möglich. Es sei später Vormittag gewesen. Aufgrund der im Verlauf gewonnenen Erkenntnisse habe er am 26.01.1998 später schließlich Festnahme angeordnet. Am nächsten Tag, dem 27.01.1998, habe eine Besprechung mit den Ermittlern stattgefunden. Einen Haftbefehlsantrag habe er nicht gestellt, da die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben waren. Ein Zusammenhang zwischen den Funden aus der Garage und Böhnhardt oder Mundlos habe hergestellt werden müssen. So war ein dringender Tatverdacht nicht gegeben, da er nicht wusste, wer Mieter der Garage war oder wer dort an den „Bomben mit gebastelt“ habe. Der Bericht vom 08.01.1998 war zu diesem Zeitpunkt schon zu alt. Er habe diesen aber nur in eingestufter Fassung bekommen. Es sei ein großer Unterschied, ob ein einfacher Tatverdacht oder ein dringender Tatverdacht - wie für einen Haftbefehl – zu begründen sei. Er sei der Meinung, dass die Haftbefehle damals nicht hätten ergehen müssen. Er habe in Erinnerung, dass Böhnhardt schon weggefahren sei, bevor man etwas gefunden habe. Er habe entsprechende Vermerke niedergelegt und unverzüglich an Herrn Mohrmann verfügt. Am 27.01.1998 habe er aber einen entsprechenden Vermerk gefertigt, da es Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem TLKA zu den jeweiligen Entscheidungen gegeben habe. Ein solcher Vermerk sei nicht üblich, aber er stehe auch zu seinen Wertungen und Verfügungen. Ein Vollstreckungsverfahren brauche zunächst eine rechtskräftige Verurteilung. Für die Vollstreckung sei im Falle Böhnhardt der Jugendrichter in Jena zuständig gewesen. Er habe versucht dies zu beschleunigen, aber die Akte ging erst kurz vorher ein. Es sei dann eine Ladung zum Haftantritt erforderlich, der der Verurteilte dann nicht folge. Erst dann könne ein Vollstreckungshaftbefehl erlassen werden. Es sei Angelegenheit des sachleitenden Staatsanwalts vor Ort zu sein. Dies komme vor. Jedoch komme es auch auf die Maßnahme im Einzelfall an, ob ein solche notwendig sei. Aus seiner Sicht war dies hier nicht erforderlich. Ihm wurde auch nicht mitgeteilt, dass die persönliche Anwesenheit des Staatsanwalts am Durchsuchungsort beabsichtigt sei.

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