Sonderbewilligungsrecht des Finanzministers auf dem Prüfstand

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Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar eröffnet morgen, ab 9:00 Uhr, die mündliche Verhandlung im Organstreitverfahren VerfGH 10/11. Das Verfahren, dass sich gegen den Thüringer Finanzminister und die Thüringer Landesregierung richtet, wird auf Antrag der bündnisgrünen Fraktion im Thüringer Landtag durchgeführt. Anja Siegesmund, Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen in Thüringen, wird die Fraktion vor Gericht vertreten:

„Finanzminister Voß bewilligte im Dezember 2010 9,3 Millionen Euro zum Erwerb des Applikationszentrums in Ilmenau, die nicht im Haushaltsplan vorgesehen waren. Dies hätte er nicht tun dürfen. Nach Artikel 101 Absatz 1 der Thüringer Verfassung hätte der Minister dieser außerplanmäßigen Ausgabe nur zustimmen dürfen, wenn ein unvorhergesehenes und unabweisbares Bedürfnis bestanden hätte. Dies war nach unserer Auffassung nicht der Fall.“

Zwar beruft sich die Landesregierung auf die dringende Notwendigkeit der Investition. „Entsprechend hinterlegen, konnte der Finanzminister dies jedoch nicht“, fährt Siegesmund fort. „Eine Beeinträchtigung schwerwiegender Staatsinteressen war und ist nicht ersichtlich. Indem die Landesregierung es unterlassen hat, für die Ausgabe die vorherige Ermächtigung des Parlaments einzuholen, hat sie die Rechte des Landtages verletzt, dem die alleinige Budgethoheit obliegt.“

„Uns geht es um die Feststellung, dass die Landesregierung und der Finanzminister gegen die Thüringer Verfassung verstoßen haben“, betont Siegesmund. „Sie wären verpflichtet gewesen, einen Nachtragshaushalt in den Landtag einzubringen. Stattdessen haben sie die Entscheidung ohne die Zustimmung des Parlaments getroffen.“

Hintergrund:
Der Finanzminister bewilligte im Dezember 2010 eine Ausgabe in Höhe von 9,3 Millionen Euro, die nicht im Haushaltsplan vorgesehen war. Mit ihr erwarb das Land das sogenannte Applikationszentrum in Ilmenau, das für technologieorientierte Unternehmen und Existenzgründer aus dem Umfeld der dortigen technischen Universität errichtet worden war. Das Gebäude wurde der Universität überlassen, die bereits zuvor in ihm Räume angemietet hatte. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtagsfraktion Thüringen sehen in der Bewilligung der außerplanmäßigen Ausgabe eine Verletzung des parlamentarischen Budgetrechts.