Änderung der Datenschutzordnung des Thüringer Landtags

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Der Antrag zur Änderung der Datenschutzordnung des Thüringer Landtages von Rot-Rot-Grün gemeinsam mit der CDU-Fraktion wurde in der 75. Sitzung des Thüringer Landtages am 17. März 2022 beschlossen. Danach wird die Datenschutzordnung des Thüringer Landtags in der Fassung ihrer Bekanntmachung vom 16. Oktober 2019 (GVBI. S. 446) geändert.

Bei einer Videoüberwachung handelt es sich um einen besonders sensiblen Eingriff in das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht natürlicher Personen auf informationelle Selbstbestimmung nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 6 Abs. 2 der Verfassung des Freistaats Thüringen.

Das Thüringer Datenschutzgesetz (ThürDSG) enthält mit § 30 ThürDSG eine spezifische Bestimmung für diesen Bereich des Datenschutzrechts. Indes gelten nach § 2 Abs. 6 Satz 1 ThürDSG die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes für den Landtag nur, soweit er in Verwaltungsangelegenheiten tätig wird. Hingegen unterliegt die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Wahrnehmung parlamentarischer Aufgaben durch den Landtag sowie bei der parlamentarischen Tätigkeit der Abgeordneten einschließlich der Fraktionen gemäß § 2 Abs. 6 Satz 3 ThürDSG nicht den Bestimmungen des Landesdatenschutzgesetzes. Insoweit hat sich der Thüringer Landtag zur Gewährleistung seiner besonderen verfassungsrechtlichen Stellung und in Ansehung des freien Mandats seiner Mitglieder sowie des Selbstorganisationsrechts der Fraktionen unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Auftrag gemäß § 2 Abs. 6 Satz 4 ThürDSG eine eigene Parlamentarische Datenschutzordnung (ParlDSO) gegeben.

Die Datenschutzordnung des Thüringer Landtags enthält unterdessen keine besondere Vorschrift für die Videoüberwachung von Wahlkreisbüros der Abgeordneten des Landtags.

Vor dem Hintergrund der in Schrifttum und Parlamentspraxis zwar kontrovers aufgenommenen Entscheidung vom 9. Juli 2020 (C - 272/19) zur Anwendbarkeit der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf die Tätigkeiten des Petitionsausschusses des Hessischen Landtags ist nicht auszuschließen, dass der EuGH von einer Anwendbarkeit der EU-Datenschutz-Grundverordnung auf den gesamten parlamentarischen Bereich ausgeht. Dann müssten sich nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung künftig auch die Regelungen der Parlamentarischen Datenschutzordnung an den Regelungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung messen lassen. Für den Bereich der Videoüberwachung hätte dies zur Folge, dass mit der Anwendbarkeit des Artikels 12 ff. DSGVO Mindestanforderungen für Informationspflichten gelten, die über die in § 3 ParlDSO normierten Voraussetzungen hinausgehen.

Im Hinblick auf das rechtsstaatliche Gebot der Bestimmtheit und Klarheit von Rechtsnormen erscheint es angezeigt, die Rechtslage jedenfalls für den datenschutzrechtlich hochsensiblen Bereich einer auch öffentlichen Raum erfassenden Videoüberwachung an die Anforderungen der EU-Datenschutz-Grundverordnung anzupassen.

Vor diesem Hintergrund besteht der Bedarf nach einer eigenständigen Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung von Wahlkreisbüros der Abgeordneten des Landtags. Dazu erscheint es zweckmäßig, diese Rechtsgrundlage in einem neu zu schaffenden § 3 a ParlDSO zu regeln, der die datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Videoüberwachung von Wahlkreisbüros zusammenfasst. Hierfür bietet sich eine Orientierung an der Regelung des § 30 ThürDSG an, um ein dem allgemeinen Datenschutzrecht entsprechendes Schutzniveau zu gewährleisten.