Den Flüssen wieder mehr Raum geben

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Anja Siegesmund, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Landtagsfraktion Thüringen, zur heutigen Regierungserklärung der Ministerpräsidentin und der anschließenden Plenardebatte zum Hochwasser in Thüringen und seinen Folgen:

„Den vielen tausend Einsatzkräften von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, DRK, Bundeswehr und anderen Hilfsorganisationen gebührt unser Dank für ihr gemeinsames Engagement und ihre Unterstützung. Das Hochwasser im Land hat das Gemeinwesen im Freistaat auf eine harte Probe gestellt. Die Menschen in Thüringen waren solidarisch, miteinander und über die Ländergrenzen hinweg. Dafür danken wir allen sehr herzlich“, betont die Fraktionsvorsitzende.

Die Ministerpräsidentin habe nach Meinung von Siegesmund viel Richtiges gesagt, jedoch in ihrer Rede nicht ein Mal auf die Folgen des Klimawandels beziehungsweise eine zukunftsfähige Klimapolitik verwiesen. Insofern bedauert die Grünenpolitikerin, dass die notwendigen Konsequenzen in der Umwelt- und Klimapolitik offenbar auch weiterhin nicht gezogen werden sollen: „Ich kann nicht erkennen, dass die erforderlichen Schlüsse in der angemessenen Zeit nach dem letzten sogenannten Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002 gezogen wurden. Die Landesregierung hat technischem Hochwasserschutz immer den Vorrang gegeben. Mannshohe Dämme und Deiche sind aber nicht die Antwort. Die Antwort muss sein, dass wir Flüssen wieder mehr Raum geben.“

Ein länderübergreifendes Hochwasserschutzkonzept, das den ökologischen Hochwasserschutz in den Mittelpunkt stellt, ist nach Ansicht der bündnisgrünen Fraktionsvorsitzenden unumgänglich. „Hochwasserschutz ist seit der Föderalismusreform Ländersache. Vor dem Hintergrund, dass Flüsse keine Grenzen kennen, brauchen wir aber nicht nur ein länderübergreifendes Informationsnetz, sondern auch ein zukunftsfestes Hochwasserschutzkonzept.“

Ein solches, ganzheitliches Hochwasserschutzkonzept muss aus bündnisgrüner Sicht die folgenden Schwerpunkte berücksichtigen:

1. Wir brauchen mehr ökologischen Hochwasserschutz: Selbstverständlich braucht man Deiche. Wir müssen aber auch den Flüssen mehr Überflutungsraum zurückgeben, indem wir Deiche zum Teil wieder zurückverlegen oder die Ausweitung des Gewässerprofils als sinnvolle Maßnahme heranziehen.

2. Wir müssen die Flächenversiegelung stoppen: Die Flüsse und Auen wurden in den letzten Jahrzehnten für eine nicht nachhaltige Gewerbe- und Siedlungsentwicklung sowie unangepasste Landwirtschaft weitestgehend verbaut, reguliert oder anderweitig verändert. Wir müssen die immer noch zunehmende Versiegelung von Fläche stoppen. Unser Ziel ist es, den Nettoflächenverbrauch auf Null zu bringen.

3. Wir müssen den Klimaschutz ernst nehmen: Auch wenn wir bei der Betrachtung des jetzigen Hochwassers mehr von einer besonderen Wettersituation und weniger von Klimawandel reden, zeigt die Häufung von solchen Ereignissen in den letzten Jahren eine Tendenz auf. Der Klimawandel wird zu größeren Regenmengen führen, die Probleme verstärken und immer häufiger „Jahrhunderthochwasser“ zur Folge haben.

„Uns muss klar sein“, schließt Siegesmund, „Hohe Deiche allein bringen keine Sicherheit, unsere Flüsse brauchen wieder mehr Raum. Deshalb brauchen wir eine Neuausrichtung des Hochwasserschutzes. Der technische Hochwasserschutz muss um einen ökologischen Hochwasserschutz erweitert werden. Außerdem müssen wir Schluss machen mit der Kleinstaaterei und die Hochwasserpolitik endlich länderübergreifend gestalten. Zu beidem kam in der heutigen Landtagssitzung von der Landesregierung und der CDU-Fraktion zu wenig bis gar nichts. Unser wichtigster Anspruch für die Zukunft muss es sein, unsere Bürgerinnen und Bürger besser vor den Folgen solcher Naturereignisse zu schützen. Der gemeinsame Antrag aller Fraktionen ist ein Anfang. In einem Jahr werden wir eine erste Bilanz hier im Parlament einfordern.“