Gesellschaftliches Pflichtjahr löst keine Probleme

Jugendliche Gruppenfoto

Aus Sicht von Astrid Rothe-Beinlich, der Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag, geht die jüngste Diskussion um die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr in die falsche Richtung. „Zwang oder Pflicht waren noch nie geeignet, um Menschen zu motivieren, sich für andere Menschen zu engagieren und Gesellschaft verantwortungsvoll mitzugestalten. Das Ziel ist doch, jungen Menschen den Mehrwert von Engagement näherzubringen. Qualitativ gute und thematisch vielfältige Angebote von Freiwilligendiensten mit einer professionellen Begleitung sind hier aus meiner Sicht besser geeignet. Das Problem ist doch, dass wir aktuell viele Jugendliche mit den bestehenden Angeboten gar nicht erreichen. Entweder, weil zu wenig bekannt sind oder junge Menschen nach der Schule schnell eine Ausbildung oder ein Studium beginnen wollen. Hier mit der Pflichtrute zu kommen, ist lernpsychologisch überholt und aus meiner Sicht kontraproduktiv.“

Ein weiterer Aspekt, der aus Sicht von Astrid Rothe-Beinlich in der Debatte völlig ausgeklammert wird, sind die potentiellen Pflichtdienststellen: „Die Erfahrungen mit dem Zivildienst haben doch gezeigt, dass die junge Menschen zu oft als billige Hilfskraft betrachtet wurden, die in herausfordernden Situationen wie in der Altenpflege oder im Krankenhaus allein gelassen wurden. Ein sinnvolles, flächendeckendes und gut betreutes Angebot für alle jungen Menschen im Freistaat können wir den Wohlfahrtsverbänden, Krankenhäusern und zahlreichen Vereinen bei der aktuellen Personalsituation nicht aufzwingen.“

Die Fraktionsvorsitzende macht sich, wie der Landesverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für attraktivere Freiwilligendienste stark. Dazu gehören kostenfreier Nahverkehr - wie in der Vergangenheit bereits beim Azubiticket realisiert, eine Anerkennung der Dienstzeit z.B. bei der Ausbildungsdauer oder als Wartesemester, aber auch ein deutliches höheres Taschengeld für die jungen Freiwilligen. „Freiwilliges Engagement ist eine wichtiger Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Ich wünsche mir eine Debatte, wie wir mehr Menschen für Demokratie und Mitgestaltung begeistern, anstatt sie gegen ihren Willen zwangsverpflichten“, so Rothe-Beinlich abschließend.