Zweites NPD-Verbotsverfahren darf nicht scheitern!

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Anja Siegesmund: Vor Gericht zählen Argumente nur mit tragfähigen Beweisen

Die InnenministerInnen von Bund und Ländern votierten gestern in Rostock geschlossen für den Antrag auf ein zweites NPD-Verbotsverfahren. Zum gleichen Ergebnis kamen heute die MinisterpräsidentInnen der Länder, darunter Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht. Anja Siegesmund, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag, hält diese Entscheidung für gesellschaftlich erwünscht und politisch legitim, jedoch nicht tragfähig.

„Die Botschaft ist so klar wie einfach: NPD Verbot jetzt! Natürlich wollen wir alle, dass nur Parteien in die Parlamente einziehen dürfen, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung respektieren. Natürlich distanzieren wir uns von den menschenverachtenden und rassistischen Äußerungen der NPD in den Kommunalparlamenten und überall dort, wo sie sitzt. ABER: Ein Verbotsverfahren im Jahr 2003 ist bereits gescheitert. Schon jetzt steht in Rede, ob und wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht kippen könnte. Ein zweites Scheitern wäre Wasser auf die Mühlen der NPD“, warnt die bündnisgrüne Fraktionsvorsitzende.

Die Hürden für ein NPD-Verbotsverfahren sind immens. Zum jetzigen Zeitpunkt steht nach Ansicht Siegesmunds nicht fest, dass das heute vorhandene Beweismaterial tragfähiger ist als 2003. Das Risiko eines erneuten Scheiterns des Verfahrens, zum Beispiel durch Anrufung des Europäischen Gerichtshofs, ist sehr groß. So Siegesmund weiter: „Ja, die NPD sollte verboten werden. Aber dieser zweite Anlauf ist verurteilt zum Scheitern. Vor Gericht zählen Argumente nur mit den nötigen Beweisen. Die stehen aus!“

Und schließlich: „Die alleinige Debatte über ein Parteiverbot verharmlost, ja verdrängt die nötige Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus und rechtsextremen Einstellungen in unserer Gesellschaft. Der Thüringen-Monitor 2012 konstatiert zu Recht: ‚Die Integrationsfähigkeit einer Gesellschaft bemisst sich daran, wie sie mit Vielfalt und Differenz umgeht.‘ Wenn aber nach den aktuellen Messungen in Thüringen beinahe jeder und jede zweite die Bundesrepublik für ‚überfremdet‘ hält, haben wir zuallererst ein Problem in der Mitte unserer Gesellschaft. Diese Einstellungen löst auch ein NPD-Verbot nicht auf.“

Hier muss Politik gezielt ansetzen, so die Fraktionsvorsitzende abschließend: „Wir Bündnisgrüne wollen nicht, dass die Menschen im Freistaat mit den demokratischen Grundwerten fremdeln. Vielmehr müssen wir mit unserer Politik erreichen, dass sich die BürgerInnen wieder mit den demokratischen Prinzipien vertraut machen und diese durch eigene Beteiligung wertschätzen. Ein weltoffenes Thüringen wächst nur von unten – mit den Menschen.“