„Der Koalitionsvertrag von CDU/SPD ist vor allem eines: Zeugnis zäher Gespräche bei Wohlfühltemperatur. Harmonisch, scheingrün im Bereich Erneuerbare Energien; unverbindlich in der Bildungspolitik und mehr als halbherzig in der Haushaltspolitik. Das ist kein stringentes Konzept, sondern schwarz-rote Harmoniesoße mit begrenzter Haltbarkeit. Spätestens bei den Haushaltsverhandlungen ist der Ofen aus und die Maskerade hat ein Ende“, resümiert Anja Siegesmund über die 60 Seiten.
Schon jetzt sprächen die Partner zwei Sprachen und jeder kann lesen, welche Sätze aus der Feder welcher Partei stammen. „Wirtschaftspolitisch will Schwarz-Rot einerseits die Binnenkaufkraft mit grünem Motor ankurbeln, andererseits die herkömmliche Industriepolitik fortführen. Wie und wo wirft Schwarz-Rot denn nun den grünen Motor an? Mit welchen Investitionen?“ Fragen die Siegesmunds Auffassung nach unbeantwortet bleiben. Vor allem aber gibt es kein echtes Umsteuern. Die Klima- und die Wirtschaftskrise bewältigen wir nicht mit ein paar schönen Worten. Die Zukunftsbranche der Erneuerbaren Energien teilen sich künftig die Minister für Wirtschaft und Landwirtschaft. Sie trauen sich nicht über den Weg, denn: Ein ökonomisches Leitbild für Thüringen müsste gerade im Zeichen der Wirtschafts- und Umweltkrise auch ökologische Leitlinien beinhalten. Hier ist völlig Fehlanzeige! „Wie sonst soll der grüne Motor, ein Bild das die Bündnisgrünen entwickelt haben, gestartet werden? Wenn die Regierungsparteien schon aus dem grünen Wahlprogramm abkupfern, dann bitte nicht in gefälligen Überschriften, sondern konsequent“, so Siegesmund. "Wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreiche wollen, müssen wir 90%co2 einsparen, das heißt 100% Erneuerbare hier im Land. Wir brauchen endlich auch die konsequente Anwendung: kein öffentliches Dach mehr ohne Sonnenkollektoren, keine Schule ohne Energiesparprogramm, drastische co2 Einsparungen im Verkehr durch mehr und kostengünstigen ÖPNV, all das nicht vorhanden. Schwarz rot kann sich sicher sein, dass wir nicht nachlassen, wenn es um echte Klimapolitik statt ein paar schöner Worte geht!"
Im Koalitionsvertrag steht gleichzeitig viel Überflüssiges. „Wofür braucht es einen Wirtschafts- und Innovationsrat? Muss mal wieder jemand mit einem Posten versorgt werde? Oder geht es darum im stillen Kämmerlein die parlamentarische Arbeit in den Ausschüssen zu umgehen? Soviel zum Thema neue politische Kultur. Ein ‚Bitte-Nicht-Stören-Schild’ darf es in der parlamentarischen Debatte nicht geben“, so Siegesmund weiter.
Der Koalitionsvertrag ist ein Leisetreter. „Kein Wort zur 380-kv-Trasse, kein Wort zur Gebietsreform, kein Wort zur Frage, wie die Kulturfinanzierung im Freistaat künftig gesichert werden soll. Eine gemeinsame sozialpolitische Strategie gibt es nicht, das heißt, diejenigen, die besondere Unterstützung brauchen werden auch in Zukunft vom Land allein gelassen. Nicht einmal die Sozial- und Armutsberichterstattung wird thematisiert. Das ist ein Armutszeugnis, das Thüringen nicht gut zu Gesicht steht.
Auch die Kommunen haben bei Vertragsunterzeichnung wenig Grund zum Feiern. Wenn die „größte“ Errungenschaft in der Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen die Wiedereinführung der Stichwahl sein soll, dann gute Nacht. Schon wieder ein zweifelhafter Formelkompromiss, welcher der ernsthaften finanziellen Lage, in der sich die Kommunen befinden, nicht im Geringsten gerecht wird. Grund genug für die Parteigremien noch einmal gehörig in die bislang harmonische Beziehung reinzufunken“, schließt Siegesmund.
Themen