Im Zusammenhang mit der Vorstellung der ezra-Jahresstatistik mit 147 Fällen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und 291 Betroffenen dieser Taten erklärt Madeleine Henfling, innenpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: „Es gibt keinen Grund zur Entwarnung: Die rechte Gewalt in Thüringen ist weiter überdurchschnittlich hoch. Wir stellen fest, dass Rassismus erneut das weit überwiegende Tatmotiv ist. Nach dem heftigen Ausschlag im vergangenen Jahr bleibt Erfurt weiter Hotspot rechter Gewalt.“ „Dass erstmal der AfD-geführten Landkreis Sonneberg mit 20 Fällen rechter Gewalt präsent ist, ist alarmierend. Klar ist, dass in der aktuellen gesellschaftlichen Konstellation sich immer mehr die Ermutigung findet, verbreitete Vorurteile in Handlungen zu überführen und Geflüchtetenunterkünfte zu attackieren. Wir müssen feststellen, dass nicht zuletzt im Rahmen der Diskussion um die PKS (Polizeiliche Kriminalstatistik) gezielt Stimmung gegen Geflüchtete und People of Color gemacht wird – beispielsweise mit Forderungen nach Migrationsobergrenzen oder Pushbacks durch deutsche Innenminister, entgegen der Hinweise der nahezu gesamten kriminologischen Fachwelt, die vor solchen Schlüssen gewarnt haben. Ezra weist zurecht darauf hin, dass etwaige Debatten eine konkrete Wechselwirkung hinsichtlich der Verstärkung von Vorurteilskriminalität vor Ort haben und in Landkreisen mit AfD-Landräten wie in Sonneberg entsprechende Unterstützungsgemeinschaften vorliegen. Es braucht Solidarität mit der demokratischen Zivilgesellschaften in den Landkreisen, die sich gegen diese rechten Deportationsfantasien und an die Seite der Betroffenen stellen“, so Henfling weiter.
„Es bleibt weiter viel Arbeit, um die Strafverfolgung rechter und rassistischer Gewalt in Thüringen zu verbessern. Die Studie vom IDZ und ezra zur sekundären Viktimisierung machen deutlich, wo die Herausforderungen liegen: Bei einer stärkeren Berücksichtigung der Wahrnehmung von Betroffenen bezüglich der Vorurteilsmotivation, die Einführung einer Ermittlungspflicht bezüglich der Tatmotive im Strafrecht direkt nach Anzeigenaufnahme und die Verbesserung der justiziellen Aufarbeitung. Wir kämpfen für eine Zentralstelle Vorurteilskriminalität, die alle diese Fälle bearbeiten kann und Communityarbeit betreibt, um insbesondere die Anzeigequote rechter und rassistischer Gewalt zu erhöhen. Wir gehen von einem immensen Dunkelfeld an Vorurteilskriminalität bundesweit aus und sehen klaren Handlungsbedarf,“ so die innenpolitische Sprecherin.
„Perspektivisch braucht es eine finanzielle Aufstockung bei ezra, um die benötigten zwei Beratungsstellen zu ermöglichen. Ebenso ist der Ausbau der Antidiskriminierungsarbeit im ländlichen Raum unabdingbar. Nach der Landtagswahl braucht es ein Demokratiefördergesetz, das diese notwendige Arbeit absichert. Mit Blick auf dieses Jahr sehen wir, wie mit dem mutmaßlichen Brandanschlag auf das Haus eines Kommunalpolitikers, Sachbeschädigungen an Wahlkreisbüros und die anstehenden Kommunal-, Europa- und Landtagswahlen ein erhöhter Bedarf besteht,“ erklärt Henfling abschließend.