Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtages

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Der Thüringer Landtag hat in seiner 76. Sitzung am 18. März 2022 einige Änderungen der Geschäftsordnung beschlossen. Auf Initiative von Rot-Rot-Grün wurden Regelungen getroffen, die digitale Gremiensitzungen ermöglichen sollen.

Weiterhin wurde die Anzahl der Schriftführer*innen von 14 auf 18 erhöht und Regelungen bezüglich des Abstimmungsquorums präzisiert, wonach bei Abstimmungen nur Ja- und Neinstimmen zählen, Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen werden nicht mitgezählt und spiegeln sich also nicht im Quorum wider.

§ 126 GO in Verbindung mit der Richtlinie über die Durchführung von Sitzungen der Ausschüsse und weiterer Gremien mittels Videokonferenztechnik in der derzeitigen Fassung war zunächst als Experimentierklausel konzipiert, die einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Landtags während der COVID-19-Pandemie leisten sollte. Für die von der Geschäftsordnung verlangte Anwendbarkeitserklärung durch den Ältestenrat ist es seit der Geschäftsordnungsänderung vom 24. November 2021 erforderlich, dass eine der drei in § 126 Abs. 1 GO genannten Tatbestandsvoraussetzungen vorliegt. Nach der Einfügung der neuen Regelungen im Sommer 2021 wurde die Anwendbarkeitserklärung auf die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) durch den Deutschen Bundestag gestützt, zuletzt auf die Feststellung der Anwendbarkeit des § 28a Abs. 1 bis 6 IfSG gemäß § 28a Abs. 8 IfSG für den Freistaat Thüringen durch den Landtag. Beide Tatbestandsvoraussetzungen liegen nicht mehr vor, sodass derzeit nur im Rahmen der Anwendung des Beschlusses des Landtags vom 18. Dezember 2020 in der Drucksache 7/2459 und damit sehr eingeschränkt Videokonferenztechnik im Landtag eingesetzt werden kann. Aufgrund vorliegender positiver Erfahrungen mit dem Instrument der Videokonferenz im von § 126 GO in Verbindung mit der Richtlinie als Anlage 6 zur Geschäftsordnung vorgegebenen Rechtsrahmen soll § 126 GO nicht mehr als Experimentierklausel dienen, soweit er sich auf Sitzungen des Vorstands und des Ältestenrats sowie die Zuschaltmöglichkeit für Beschäftigte der Fraktionen, der Parlamentarischen Gruppe, der Landesregierung, des Landesrechnungshofs, des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie Anzuhörende bezieht, sondern in diesem Rahmen als Geschäftsordnungsrecht dauerhaft gesichert werden, das nicht an das Vorliegen einer bestimmten Tatbestandsvoraussetzung geknüpft ist. Dies kommt in den neugefassten Absätzen 1 bis 3 des § 126 GO zum Ausdruck.

Mit Blick auf die fortwährende COVID-19-Pandemie verschafft § 126 Abs. 4 GO die Möglichkeit, dass die dort bezeichneten Sitzungen der Ausschüsse und weiterer Gremien des Landtags auch weiterhin mittels von der Landtagsverwaltung bereitgestellter Videokonferenztechnik durchgeführt werden. Voraussetzung ist, dass sich bestimmte Infektionsschutzmaßnahmen so auf eine Fraktion oder Parlamentarische Gruppe auswirken, dass die von der Fraktion beziehungsweise Parlamentarischen Gruppe gemäß § 72 Abs. 1 GO benannten Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Gremiums sämtlich an einer Präsenzteilnahme gehindert sind.

Hintergrund ist, dass Vorsorge dafür getroffen werden soll, dass sämtliche Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker, die von ihrer Fraktion beziehungsweise Parlamentarischen Gruppe als Mitglied eines Ausschusses oder weiteren Gremiums des Landtags benannt worden sind, unter glaubhaft zu machenden Gründen ihr Mandat nicht am Sitz des Landtags in Erfurt ausüben können. Insoweit überwiegt das Verfassungsrechtsgut der gleichberechtigten Teilhabe aller Abgeordneten am Meinungsbildungsund Entscheidungsfindungsprozess des Landtags, seiner Ausschüsse und weiteren Gremium gegenüber dem Leitbild der Präsenzsitzung.

Der Ältestenrat wird zum Ende des Jahres 2022 die Handhabung sowie die technische Umsetzung der Neuregelung in § 126 Abs. 4 GO einer Überprüfung unterziehen.