Dokumentation Klimakonferenz 2013

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„Zeit für richtig guten Verkehr – Wie wollen wir uns künftig fortbewegen?“

 

Es ist Zeit für richtig guten Verkehr!

In Thüringen nutzen derzeit 51 Prozent der Menschen kaum Bus und Bahn. Im ländlichen Raum ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) leider oft zu
unattraktiv: Entweder gibt es ihn kaum oder es fehlen Anschlüsse zu anderen Bussen, zur Bahn oder zum Carund Bikesharing. Wenn ihn deshalb weniger Menschen nutzen, werden Linien ausgedünnt oder eingestampft – ein Teufelskreis.

Die hohen Risiken und der immense Flächenverbrauch des Individualverkehrs sowie die Eindämmung des Klimawandels sind jedoch gute Gründe, dem öffentlichen Verkehr wieder den Stellenwert einzuräumen, der ihm gebührt. Deshalb haben wie die Klimakonferenz 2013 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag unter das Motto „Es ist Zeit für richtig guten
Verkehr“ gestellt.

Was darf uns guter Verkehr kosten?

Außerhalb der Städte liegt der Anteil von Bus und Bahn an den zurückgelegten Kilometern bei unter zehn Prozent. Die Kommunen verweisen auf finanzielle Zwänge, wenn sie vorrechnen, wie viel der ÖPNV kosten darf. Finanzielle Zwänge? Noch ist wenig bekannt, dass der Autovervehr die Kommunen deutlich mehr kostet als der ÖPNV. Städte wie Erfurt, Jena und Suhl und auch das Land Thüringen selbst zahlen aus eigenen Mitteln pro Kopf mehr als das Doppelte an Zuschüssen für das Auto als für den Nahverkehr. Vor den sogenannten Sachzwängen steht also unausgesprochen die klare Prioritätensetzung, den Autoverkehr sehr viel mehr zu fördern als den öffentlichen Verkehr. Der Autoverkehr kostet uns aber nicht nur mehr Geld in staatlichen Haushalten, sondern auch die Gesundheit und das Leben zu vieler Menschen. In seiner Masse vermindert er massiv die Lebensqualität. Zu hohes Pkw-Aufkommen ist deshalb ein gesellschaftliches Problem – eine harte soziale Frage. So erhalten Kinder heute nicht genügend sportliche Grundlagen, weil sie sich draußen nicht mehr frei bewegen können – mit allen bekannten negativen Folgen. Zu Fuß brauchen wir heute im Schnitt doppelt so lang wie vor der Massenmotorisierung. Wir warten an Ampeln, an stark befahrenen Straßen ohne Fußgängerüberwege und müssen Umwege laufen. In verlärmten Straßen gibt es weniger Nachbarschaftshilfe. Der Wert von Immobilien an stark befahrenen Straßen sinkt.

Eine echte Verkehrswende – jetzt!

Wieso gibt es noch immer so wenig Bereitschaft dies zu ändern? Es ist wohl eine Mischung aus Bequemlichkeit, Angst vor weniger Flexibilität und Gewohnheit, die derzeit eine echte Verkehrswende behindert. Viele dieser Ängste sind unbegründet. Denn 40 Prozent der individuellen Fahrten, die der Staat so großzügig finanziert, sind unter fünf Kilometer lang. Diese Zahl allein zeigt: Es ist einfach, unsere Mobilität besser multimodal zu organisieren. Dabei rückt das Auto in seiner Bedeutung nach hinten, es wird geteilt und steht nicht mehr im Schnitt 23 Stunden ungenutzt vor der Tür und braucht Platz. Neben
Bus und Bahn wird das Fahrrad in Städten zum Verkehrsmittel Nummer Eins, weil es am schnellsten ist und weil gut ausgebaute Radwegenetze dazu einladen. Mit dem Thüringentakt bekommt Thüringen ein schnelles, engmaschiges ÖPNV-Netz mit kurzen Umsteigezeiten in allen Regionen. Mit Bürgerbus und Anrufsammeltaxi werden auch kleine Orte bedient. Und die Stadtplanung kümmert sich wieder um die einfachste Mobilität – das Gehen. Dazu braucht es Fußgängerwegenetze, die auch Kindern gefahrloses
Umherstreunen ermöglichen.

Zur Umsetzung bedarf es nicht primär mehr finanzieller Mittel, sondern vor allem einer konsequenten Umsetzung von Mobilitätsketten sowie ausreichend Information und Verlässlichkeit. Wenn Land und Kommunen den ÖPNV aus seiner „Schmuddelecke“ herausholen, indem sie das Beste aus dem „Fahren mit Chauffeur“ herauskitzeln, dann ist mir um die Zukunft der Lebensqualität
in Stadt und Land nicht bange.

Ja, es ist Zeit – Zeit für richtig guten Verkehr!

Ihre Jennifer Schubert
Verkehrspolitische Sprecherin

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