Rahmenbedingungen der Frühförderung in Thüringen - Teil II

Basteln in der Kita

Der Gesetzgeber stellt für die Frühförderung mit Sozialpädiatrischen Zentren und Interdisziplinären Frühförderstellen zwei zentrale Einrichtungsformen in den Mittelpunkt. § 4 Abs. 2 Pkt. 3.3 der Landesrahmenvereinbarung (LRV) sieht als Leistung der Interdisziplinären Frühförderstellen die "Vermittlung der Diagnose" vor. Um eine Diagnose vermitteln zu können, muss jedoch zuvor eine Diagnostik stattgefunden haben. Allerdings ist unklar, durch wen und in welcher Form das Aufgabenfeld der interdisziplinären Diagnostik ausgeführt werden soll.

Während die fachlichen Empfehlungen zur Frühförderung in Thüringen und die Frühförderverordnung auf Kooperation und Netzwerkarbeit, auf kontinuierliche Netzwerkarbeit der verschiedenen Professionen und Institutionen, auf die verbindliche Ausgestaltung des Förder- und Behandlungsplans durch interdisziplinäre Abstimmung, doppelte Unterschriften und ein gemeinsames Förderkonzept abstellen (vergleiche Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Jahr 2012, S. 14 und § 7 Abs. 1 FrühV), fordert § 4 Abs. 1 LRV die Gewährleistung der "Zusammenführung der Leistungen" und deren "fortlaufende fachliche und organisatorische Koordination" lediglich durch einen "Informationsabgleich" und nicht durch eine fachliche Reflexion und die gemeinsame Konzipierung des Hilfebedarfs.

Die fachlichen Empfehlungen zur Frühförderung in Thüringen weisen weiterhin ausdrücklich darauf hin (vergleiche Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit im Jahr 2012, S. 15), dass sich "mobil-ambulante Frühförderung durch Frühförderstellen und teilstationäre Leistungen in Kindertagesstätten [...] nicht gegenseitig [ausschließen]". Die Antwort der Landesregierung auf Frage 3 in Drucksache 7/2312 bezieht sich ausschließlich auf die Zulassung von Einrichtungen, von besonderem Interesse ist jedoch die fallspezifische Bewilligung und Kooperation der beiden Einrichtungsformen. Daher sind dazu ergänzende Fragen notwendig.

Frühförderung soll sich außerdem dem Thüringer Maßnahmenplan 2.0 zufolge nicht mit einer isolierten Betrachtung des Kindes und seiner möglichen Beeinträchtigung begnügen, sondern soll ihren Fokus auch auf die entwicklungsfördernden oder -hemmenden Lebens- und Alltagsbedingungen des Kindes richten. Die Landesrahmenvereinbarung koppelt eine Komplexleistung hingegen immer an ein "Therapie- und Förderziel" (§ 4 Abs. 1 LRV) beziehungsweise reduziert Leistungen der Frühförderung ausschließlich auf einen "individuellen Bedarf zur Förderung und Behandlung" (§ 10 Abs. 1 LRV). Diese Fokussierungen legen ein Verständnis nahe, dass sich ausschließlich an der isolierten Therapie und Behandlung kindlicher Entwicklungsstörungen mit dem Fokus auf dessen Funktionstüchtigkeit orientiert wird, auch wenn diese lediglich Symptome belastender Faktoren in der Lebenswelt des Kindes sind.

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