Rahmenbedingungen der Frühförderung in Thüringen - Teil I

Bastel- und Malutensilien

Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und insbesondere die in Artikel 23 integrierte Frühförderungsverordnung (FrühV) beschreiben ausdrücklich eine "familienorientierte Frühförderung". Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen zudem immer stärker die hohe Bedeutung des Lebensumfeldes für die Entwicklungschancen gerade im frühen Kindesalter auf. Insofern hat gerade die besonders frühe Erkennung kindlicher Entwicklungsrisiken und Stärkung kindlicher Lebenswelten eine herausgehobene Bedeutung. Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage in Drucksache 7/2312 auf Frage 2 zeigt auf, dass circa 80 Prozent der Frühförderung "ohne Eltern" stattfindet. Dies legt die Vermutung nahe, dass eine lebensweltorientierte Frühförderung in Thüringen lediglich eine untergeordnete Rolle spielt.

Das Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat die Landesrahmenvereinbarung zur Frühförderung vom 1. Dezember 2020 (LRV) unterzeichnet. § 2 Abs. 2 der LRV schränkt die Leistungen der Früherkennung und Frühförderung, für die sie sich zuständig sieht, auf die Leistungen ein, die "als Komplexleistung erbracht werden". § 4 Abs. 1 LRV sieht für eine solche Komplexleistung vor, dass "sowohl medizinisch-therapeutische als auch heilpädagogische Leistungen [...] notwendig sind". Dem widerspricht die Vorgabe in § 6a FrühV, wonach bereits ein offenes Beratungsangebot "Bestandteil einer Komplexleistung" ist. Zu diesem Zeitpunkt kann aber noch gar nicht beurteilt werden, welche Leistungen notwendig sind. Insofern können die Bestimmungen der Landesrahmenvereinbarung zur Frühförderung nicht den Bestimmungen der Frühförderungsverordnung entsprechen.

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