"Öffentliche Vernunfteinübung" auf dem Erfurter Anger

Die Erfurter Universität lud im Vorfeld der Aktionen anläßlich des 1. Mai und des angekündigten Nazi-Aufmarsches zu einer "Campus Anger" genannten öffentlichen Veranstaltung auf ebenjenen Anger in Erfurt ein. Organisator Rüdiger Bender hatte zwei Tagesseminare für alle Interessierten organisiert und viele Menschen auf und vor die kleine Bühne gebracht. Astrid Rothe-Beinlich stellte sich zunächst einer kleinen Diskussion mit dem Moderator und Peter Reif-Spirek von der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. Anschließend sprach sie zu Frauen in der rechten Szene, insbesondere vor dem Hintergrund des anstehenden Prozessbeginns gegen die NSU-Unterstützer und Beate Zschäpe. Sie betonte, dass auch Frauen Nazis sein können und man das ernst nehmen sollte. Erst kürzlich, berichtete sie, hatte eine Frau ein Rittergut in Guthmannshausen vom Freistaat Thüringen erworben. Ihre Verbindung zu der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften "Gesellschaft für freie Publizistik" wurde erst nachträglich geprüft. Bei einem männlichen Käufer wäre das wohl nicht passiert, erklärte Rothe-Beinlich, man hätte das vorab geklärt. Sie zeigte auf, daß schon lange bekannt sei, daß Frauen auf unterschiedlichsten Ebenen in der Naziszene aktiv sind. Zwar sind sie seltener an Gewalttaten beteiligt, in ihrer Ein­stellung sind sie oftmals jedoch rassistischer als ihre männlichen Kameraden. Es gibt Frauenkameradschaften, Frauenvereinigungen, wie den Ring Nationaler Frauen, oder die Gemeinschaft Deutscher Frauen. Gerade junge Mädchen steigen mitunter in die Szene ein, weil sie sich auch aktionistisch betätigen wollen oder die Gemein­schaft suchen. Frauen mieten Räume für Nazitreffs und Konzerte, fungieren als Strohfrauen für Im­mobilienkäufe, betätigen sich als Ordnerinnen auf Demos oder kandidieren für Mandate oder als Elternsprecherinnen in Schulen. Gezielt studieren rechtsextreme Frauen auf Lehramt oder gehen in die ErzieherInnenberufe, um Kinder für ihre Ideologie zu gewinnen. Fazit: Auch Frauen können Nazis sein.