Rede zum Thema Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzes

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Rede der Abgeordneten Anja Siegesmund zum Thema Aufhebung des Thüringer Erziehungsgeldgesetzesin der 40. Plenarsitzung am 10. Dezember 2010.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, also es gibt Dinge, die überraschen mich immer wieder. Es überrascht mich, wenn ich höre, die CDU versucht sich zu erneuern und viele Frauen und modernes Familienbild und dann treten Sie hier vor und lassen eine mittelalterliche Lyrik vom Stapel,
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
da verschlägt es mir die Sprache. Das ist unglaublich. Frauen an den Herd, Frauen zu Kindern, Frauen nach Hause.
(Zwischenruf Abg. Gumprecht, CDU: Das ist Ihr falsches Bild von der Welt.)
Dass ist das, was Sie hier sagen, was Sie wollen, was Sie zementieren. Das hat auch jeder hier in diesem Raum und jeder, der hier zuhört, gemerkt, das bedauere ich sehr.
(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Das ist unerhört, Frau Siegesmund)
Zur Frage, wie gut ich die Thüringer Verfassung kenne: ich kenne nicht nur die Thüringer Verfassung gut, Herr Gumprecht, ich kenne auch das Grundgesetz gut und im Grundgesetz Artikel 3 Abs. 2 steht, dass jede gesetzliche Maßnahme, die ein veraltetes und überkommenes Rollenbild zwischen Frau und Mann festschreibt, verfassungswidrig ist und was Sie hier an den Tag legen, das ist an dieser Stelle sehr zu hinterfragen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Was kann man - das will ich auch gern fragen - denn mit 13 Mio. € machen? Wir, unideologisch wie wir sind, sagen, es soll jeder selbst entscheiden können. Es sollen alle gleichberechtigt entscheiden können, ob sie ihr Kind in die Kita geben oder ob sie die 150 € einstreichen. Wir sagen, mit den 13 Mio. € - und hätten Sie unseren Entschließungsantrag gelesen, wüssten Sie das - wollen wir institutionell fördern, wollen die Kinder da fördern, wo sie es brauchen, nicht Mutter zu Hause, wo sie steht und das Essen kocht, so wie Sie es gern hätten, ich finde das einfach unglaublich. Und was ich auch unglaublich finde, ist, dass Sie unseren Entschließungsantrag nicht einmal richtig gelesen haben. Sie wüssten erstens, wir haben Übergangsfristen drin. Wir haben Ihnen praktisch die Hand ausgestreckt, wir haben Ihnen die Möglichkeit gegeben, auch an dieser Stelle einmal mit einem offenen Fokus heranzugehen. Sie wollen es ja gar nicht.
(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Wer sagt Ihnen eigentlich, dass die Frau zu Hause bleibt und kocht)
Ich finde das sehr schade. Da steht auch drin, dass wir das Geld in institutionelle Strukturen stecken wollen und da steht im Übrigen auch drin, Herr Gumprecht, machen Sie sich wenigstens die Mühe, auch wenn Sie Regierungskoalition sind, die Opposition - das sind drei Fraktionen -, da sollte es auch einmal drei verschiedene Meinungen geben. Ich sage nicht, dass die Stiftung „FamilienSinn“ aufgelöst werden muss. Ich sage, die muss man vom Kopf auf die Füße stellen, damit sie funktioniert. Das ist ein Unterschied und wir reden zu diesem Punkt nachher und nicht jetzt in diesen Verbunden, auch wenn Sie es gern hätten, weil Sie vielleicht eher nach Hause oder zu irgendeiner Weihnachtsfeier wollen.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Hätten Sie sich auch gut vorbereitet, wüssten Sie, dass das Rechtsgutachten, was wir vorliegen haben, ganz eindeutig sagt, dass das Thüringer Landeserziehungsgeld, was in einer ähnlich adaptierten Variante unter schlimmsten Umstände Schwarz-Gelb auch noch auf Bundesebene einführen will, dass es dort verfassungswidrig ist und so, wie es ist, Ober schlägt Unter, Herr Gumprecht, das Grundgesetz schlägt im Zweifel die Thüringer Verfassung bzw. mit beiden muss man sich auseinandersetzen. Sehen Sie, wenn es dort Bedenken gibt, dann müssen wir uns auch in Thüringen damit auseinandersetzen, ob es hier verfassungsrechtliche Bedenken gibt und ich sage Ja. Damit wir nicht darauf warten müssen, dass sich die nächste Koalition damit auseinandersetzt, kündige ich an dieser Stelle auch gleich einen Selbstbefassungsantrag für unseren Ausschuss an, damit wir das dort sachlich, in Ruhe und ganz vernünftig miteinander diskutieren können und darauf freue ich mich. Vielen Dank.