Der Wolf – Zwischen Naturschutz und Panikmache

Wolf von vorne

Der Wolf ist zurück in Thüringen. Und das schon seit 2014. Nun aber wird plötzlich heftig über ihn diskutiert. Roberto Kobelt, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dazu im Interview.

Derzeit wird das Thema Wolf sehr emotional diskutiert. Wie ist der Stand in Thüringen?

Roberto Kobelt: In Thüringen lebt derzeit eine Wölfin. Sie ist seit 2014 auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe von Ohrdruf heimisch. In diesem Jahr hat sie sich mit einem freilaufenden Haushund gepaart und sechs so genannte Hybriden zur Welt gebracht.

Das Umweltministerium hat dazu angekündigt, dass diese Hybriden aus der Natur entnommen werden müssen.

R.K.: Das Umweltministerium muss sich an die gesetzlichen Vorgaben des Tier- und Artenschutzes halten, außerdem an die Empfehlungen des Wolf-Kompetenzzentrums des Bundes. Insofern ist die Entscheidung keine freiwillige sondern eine notwendige, um die Art des Wolfes in Thüringen nicht zu gefährden. Wir setzen uns dafür ein, eine Lösung zu finden, dass die Hybriden leben. Den Vorschlag des Umweltministeriums die Wolfshybriden zu fangen und in ein Gehege zu bringen, begrüßen wir ausdrücklich.

In den letzten Monaten stieg auch die Anzahl der Risse. Wie ist das zu erklären?

R.K.: Vermutlich suchte die Wölfin Nahrung für ihre Welpen. In den Jahren zuvor seit 2014 verhielt sie sich aber – wie es typisch ist für einen Wolf – unauffällig. Sie näherte sich weder Menschen noch Schafsherden.

Dennoch machen sich die Schäfer im Land Sorgen um ihre Bestände.

R.K.: Ein Wolf reißt nur dann Schafe, wenn der Zugang zu anderer Nahrung schwieriger ist, als der Zugang zu Nutztieren. Wir müssen über kurz oder lang umdenken, wenn wir mit dem Wolf in Deutschland leben wollen. In anderen Bundesländern sind wir da schon weiter. Wir haben hier nur eine Wölfin, in Niedersachsen oder Brandenburg leben mehrere Rudel und die Schafshalter haben gelernt, sich auf den Wolf einzustellen.

Es gibt Stimmen, die behaupten, der Wolf passe nicht nach Thüringen. Stimmt das?

R.K.: In Europa waren Wölfe einst flächendeckend verbreitet. Bis man ihn deutschlandweit um 1850 ausgerottet und vertrieben hat.  Das ist verglichen mit der Zeit, die er in Europa heimisch war, noch gar nicht so lange her. Wir können doch eigentlich froh sein, dass eine bislang ausgerottete Art wieder zurückkehrt – aus Natur- und Tierschutzgründen. Vieles, was derzeit zum Thema Wolf gesagt wird, ist schlicht Panikmache.

Was bringt der Wolf dem Naturschutz?

R.K.: Das Wild in unserem Wald hat keine natürlichen Feinde mehr. Lediglich der Mensch sorgt dafür, dass kranke und schwache Tiere erlegt werden oder eine Überpopulation verhindert wird. Früher erledigte das der Wolf. Natürlich kann eine Wölfin alleine noch nicht dafür sorgen, aber wir rechnen damit, dass mittelfristig mehr Wölfe – womöglich aus anderen Bundesländern - auch nach Thüringen zurückkehren werden.

Der Vorbehalt innerhalb der Bevölkerung, aber vor allem bei den Schäfern ist nachwievor groß.

R.K.: Es ist verständlich, dass die Schäfer Angst um ihre Herden haben.. Wir müssen aber wieder lernen, mit dem Wolf zu leben. Dazu gehört ein wirkungsvoller Herdenschutz. Mit der „Förderrichtlinie Wolf“ unterstützt das Umweltministerium insbesondere die Förderung von Präventionsmaßnahmen bei Tierhaltern. Gleichzeitig regelt diese den Ausgleich von Schäden, die vom Wolf  verursacht werden. Denn gerade die Schafhaltung hat eine große Bedeutung für den Naturschutz und die Landschaftspflege. Deshalb  setze ich mich dafür ein, dass die Arbeit der Schafhalter durch den Freistaat perspektivisch finanziell stärker unterstützt wird.

Kann man also auch weiterhin gefahrlos im Wald spazieren gehen?

R.K.: Für Menschen ist der Wolf ungefährlich. Er ist scheu und lässt sich, wie auch die Wölfin in Ohrdruf, nur selten zu Gesicht bekommen. Nicht umsonst ziehen sich Wölfe meist auf abgelegene und abgeschottete Plätze, wie Truppenübungsplätze zurück. Insofern besteht keine Gefahr für Menschen.

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