Kulturfinanzierung in Thüringen

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Am Mittwoch, dem 06. März 2013 fand im Thüringer Landtag ein von der bündnisgrünen Landtagsfraktion organisiertes Fachgespräch zum Thema "Kulturfinanzierung in Thüringen" statt. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von kulturellen Fachverbänden, Kulturinstitutionen und von Kommunal- sowie Landespolitik folgten der Einladung und diskutierten unter der Moderation von Astrid Rothe-Beinlich, kulturpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, intensiv die aktuelle Situation und zukünftige Perspektiven für die Kulturfinanzierung im Freistaat. Die Veranstaltung baute nach einer inhaltlichen Einführung in das Thema durch Astrid Rothe-Beinlich auf drei inhaltlichen Impulsen zu unterschiedlichen kulturpolitischen Blickwinkeln auf. Den Anfang machte Prof. Dr. Steffen Höhne (HfM Weimar) mit einer Einschätzung zur aktuellen Situation, zu Problemlagen und möglichen Perspektiven der Thüringer Kulturfinanzierung. Kritisch wies Steffen Höhne darauf hin, dass im kürzlich verabschiedeten Kulturkonzept der Landesregierung die soziale Lage der Künstlerinnen und Künstler im Freistaat und die sich aufgrund der demografischen Entwicklung sowie dem Auslaufen der Solidarpakte ergebenden fiskalischen Zwänge vollkommen unberücksichtigt bleiben. Kulturpolitik ist jedoch nicht nur mit zukünftig sinkenden Landeshaushalten sondern mit einer Vielzahl von gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. So verändert sich derzeit nicht nur das Selbstverständnis staatlicher Aufgaben, d.h. immer mehr staatlichen Aufgaben werden im Zuge der allgegenwärtigen Haushaltskonsolidierungsbemühungen einer Aufgabenkritik unterzogen. Auch ist Kulturförderung durch eine Verfestigung der Förderstrukturen und Förderpraxen gekennzeichnet, so dass neue Projekte oder neue institutionelle Ansätze kaum eine Chance haben. Zudem haben die gesamtgesellschaftlichen Prozesse des digitalen und demografischen Wandels, Migration und zunehmende Heterogenität der Gesellschaft auch ihre Auswirkungen für die Kulturpolitik. So wird es durch die regional unterschiedlich wirkende demografische Entwicklung auch einen Abbau an kultureller Infrastruktur geben müssen, der von Abmilderungsmaßnahmen bspw. durch verbesserte Mobilität und besseren Informationszugang für die KulturnutzerInnen flankiert werden muss. Und es braucht Strategien für eine Verlagerung bzw. Umschichtung der bisherigen Förderpraxen. Zudem können Investitionen in Bildung und Kultur die demografische Entwicklung abmildern und abbauen. Kulturelle Bildung, Kooperation und Dezentralität werden im Zuge dieser Entwicklungen so Steffen Höhne immer wichtiger werden. Den zweiten inhaltlichen Impuls lieferte Iken Neisener vom Netzwerk für Kulturberatung zum Thema "Kulturentwicklungsplanung (KEP) als strategisches Element der Kommunalpolitik". Sie zeigte anhand von zahlreichen Beispielen aus Brandenburg, dass in den letzten Jahren konzeptgestützte Kulturpolitik sowohl auf kommunaler, regionaler als auch auf der Landesebene verstärkt Einzug gehalten hat. Kulturentwicklungplanungen auf kommunaler Ebene hat eine Reihe von Vorteilen und Chancen, aber auch Risiken. So weisen Kulturentwicklungskonzepte idealerweise frühzeitig auf sich abzeichnende Entwicklungen und Handlungsbedarfe hin, geben Orientierung und Koordinierungshinweise für zukünftige kulturpolitische Entscheidungen und haben zudem eine moderierende Funktion. Risiken bestehen vor allem in der Komplexität der KEP, Widerständen auf politischer und Akteursebene und geringer Motivation der Beteiligten sowie zu lang gewählten Planungszeiträumen. Als zentrale Gelingensbedingungen identifizierte Iken Neisener ausreichende Ressoucen für die Durchführung der Planungen, Akzeptanz und Konfliktbearbeitung sowie der politische Wille die Kulturentwicklungsplanung ernst zu nehmen und entsprechend umzusetzen. In der Diskussion wurde vor allem auf die nachhaltige Umsetzung hingewiesen und darauf, dass Kulturentwicklungsplanung nicht inselartig gedacht werden dürfe, sondern in ressortübergreifenden integrierten Entwicklungskonzepten münden müsse. Im dritten Teil des Fachgespräches ging Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, kulturpolitischer Sprecher der Landtagfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen auf die Chancen und Risiken des Kulturraumgesetzes ein. Ausführlich ging er dabei auf die Entwicklung und den Verlauf des Kulturraumgesetzes in Sachsen ein. Zentrales Element des Kulturraumgesetzes (KRG) ist die solidarische Kulturfinanzierung durch regionale Zweckverbände, in denen die Landkreise per Gesetz zur Mitgliedschaft verpflichtet sind. Kultur ist durch das KRG damit erstmals als eine weisungsfreie kommunale Pflichtaufgabe definiert worden. Die Kulturräume entscheiden selbst über die Förderentscheidungen und das Land übernimmt Mehrbelastungen entsprechend dem Konnexitätsprinzip. Die Kulturräume erheben innerhalb ihres Zweckverbandes eine Kulturumlage und fördern ihren eigenen selbstgewählten Schwerpunkten entsprechend regional bedeutsame Kultureinrichtungen und Maßnahmen. Während das Land Musikschulen, Bibliotheken und die Landeskulturverbände weiterhin selbständig fördert und den Kulturräumen jährlich ca. 87 Mio. € zuweist, sind für alle anderen Kultureinrichtungen und Maßnahmen, die nicht von regionaler Bedeutung sind, die Sitzgemeinden zuständig. Dass das Kulturraumgesetz bisher nur in Sachsen umgesetzt wurde, in anderen Bundesländern jedoch nicht, führt Gerstenberg auf die fehlende Auseinandersetzung mit oft genannten verfassungsrechtlichen Einwänden zurück, die sich sämtlich zurückweisen lassen und darauf, dass die landespolitische Ebene oft nicht bereit ist, Entscheidungsspielräume auf die kommunale bzw. regionale Ebene zu verlagern. In der Diskussion wurde deutlich, dass es darauf ankomme, auch in Thüringen eine solidarische Kulturfinanzierung zu organisieren. Eine Eins-Zu-Eins-Übernahme aus Sachsen sei jedoch nicht möglich, allein schon aus der Tatsache, dass Thüringen deutlich kleiner sei und Abgrenzungsprobleme zwischen Kulturräumen unausweichlich entstehen würden. Einig waren sich die Beteiligten im Fachgespräch, dass auch Thüringen wirksame Regelungen für eine landesweite solidarische Kulturfnanzierung brauche. Herzlicher Dank gilt den ReferentInnen Prof. Dr. Steffen Höhne, Iken Neisener und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, die durch ihre interessanten Impulse die Veranstaltung die Veranstaltung bereichert haben. Die im Fachgespräch vorgestellten Präsentationen können hier in Kürze abgerufen werden.
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