Bundeskabinett bewilligt Masern-Impfpflicht

Gesundheit

Laut Schätzungen des Gesundheitsministeriums befinden sich in Kindergärten, -krippen und Schulen derzeit rund 361.000 nichtgeimpfte Kinder. In Gemeinschaftseinrichtungen sowie in Krankenhäusern und Arztpraxen seien zudem schätzungsweise 220.000 Angestellte ohne ausreichenden Impfschutz. Babett Pfefferlein, gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag, plädiert für einen ganzheitlicheren Ansatz bei Infektionskrankheiten:

„Sich impfen zu lassen sollte nicht nur ein Eigeninteresse, sondern moralische Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft sein. Nun legt Herr Spahn das angekündigte „Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention“ vor, welches sich aber ausschließlich auf die Impfpflicht gegen die Masern bezieht.  Wir brauchen hohe Impfquoten und wir wollen hohe Impfquoten für alle gefährlichen Infektionskrankheiten und nicht nur für Masern.

Wer geimpft ist, schützt nicht nur sich selbst, sondern auch seine Mitmenschen. Wir müssen die Impflücken in allen Altersgruppen schließen. Der Impfschutz muss öfter überprüft werden, über Beratungsangebote müssen wir förmlich stolpern und auch die längst überfällige Einführung des digitalen Impfpasses muss kommen“, so die bündnisgrüne Gesundheitspolitikerin.

Das Gesetz vom Bundesgesundheitsminister ist mit der heißen Nadel gestrickt. Die Erläuterungen zum Gesetz enthalten zwar lange Passagen und Erklärungen dazu, welche Menschen wann zu impfen sind, erklären wie das nachzuweisen sei und führen auf, wer den Nachweis verlangen muss, aber sie enthalten keinerlei Aussagen dazu, wer bei Nichterfüllung der Nachweispflicht letztendlich zuständig ist. Es ist lediglich die Rede von „Verfolgungsbehörden“ und die Bußgeldsumme bei einer – unbegründet erscheinenden – Impfverweigerung ist mit 2.500 € beziffert.“

Auch der Präsident der Bundesärztekammer Professor Frank Ulrich Montgomery befürwortet zwar Spahns Pläne, gab im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur allerdings zu bedenken: „Eine Impfpflicht lässt sich leicht verlangen, aber ist schwer umzusetzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man Kinder mit der Polizei zum Impfen schleppt.“

„Genau das ist der springwende Punkt“, so Babett Pfefferlein. „Wie schnell sich die Impfpflicht durchsetzen wird, hängt bei diesem Gesetz von der Handlungsfähigkeit und dem Durchsetzungswillen der beauftragten Behörden ab. Ich bin gespannt, wie nach Inkrafttreten des Gesetzes beispielsweise mit der Problematik ungeimpfter Erstklässler*innen umgegangen wird: Unterrichtsausschluss, bis die Eltern das Bußgeld gezahlt haben und das Kind geimpft ist?
 
Wir brauchen statt schnellgeschriebener Gesetze viele transparente, vernünftige, niedrigschwellige und sich oft wiederholende Informationszugänge für alle Bevölkerungsgruppen. Ob die dafür ab dem Jahr 2020 zusätzlich für die  Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eingeplanten 2 Millionen Euro aus Bundesmitteln für die nötige Aufklärung und Prävention ausreichen, ist fraglich.“

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