Der Lyriker Reiner Kunze im Interview

Astrid Rothe-Beinlich

Begrüßung durch Astrid Rothe-Beinlich, Vizepräsidentin des Thüringer Landtags, anlässlich der Vorführung des Films „Frage und Antwort, 2013. Der Lyriker Reiner Kunze im Interview“ am 17. Juni 2014 im Kinoklub Erfurt

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete,
liebe Schülerinnen und Schüler,
verehrte Gäste,

 ich begrüße Sie herzlich zur Vorführung des Films „Frage und Antwort, 2013. Der Lyriker Reiner Kunze im Interview“. Ich freue mich, dass trotz dieser ungewöhnlichen Stunde so viele Gäste diesen einzigartigen Film sehen wollen. Ebenso ungewöhnlich wie die Uhrzeit ist es, eine Filmvorführung mit einer kurzen Rede beginnen zu lassen.

 

Dennoch möchte ich der folgenden Dokumentation über den Lyriker Reiner Kunze einige wenige Worte vorausschicken. Es sind vor allem Worte des Dankes an all die, die dieses Projekt möglich gemacht haben. Zunächst danke ich den beiden Regisseuren, Christiane Baumann und Gerrit Ebneter. Sie sind heute bei uns. Ihnen ein herzliches Willkommen in Erfurt.

Im vergangenen Jahr haben sie Reiner Kunze in seinem Haus bei Passau besucht. In dieser persönlichen Atmosphäre haben sie die Erinnerungen und Gedanken des Lyrikers aufgezeichnet und zu einem 70-minütigen Interviewfilm verdichtet.

 Ein stilles und zugleich wortmächtiges Werk ist auf diese Weise entstanden, das in den kleinen Kinos vieler Städte bereits (mit einigem Erfolg) gezeigt wurde. Neben den Regisseuren danke ich allen, die die Entstehung dieses filmischen Kleinods finanziell unterstützt haben. Darunter sind die kulturelle Filmförderung des Freistaats Thüringen sowie die Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen.

 Frau Neubert als ehemaliger Beauftragter gilt mein Dank für ihr unermüdliches persönliches Engagement, das wesentlich zur Umsetzung dieses Filmprojekts beigetragen hat.

 

Last but not least danke ich Reiner Kunze, der sich diesem künstlerischen Projekt geöffnet und uns ZuschauerInnen Einlass in die private Welt seiner Gedanken und Erinnerungen gewährt hat. Reiner Kunze gilt als einer der poetischen Wegbereiter des Zusammenbruchs der DDR. Durch seine Worte werden wir heute – 25 Jahre nach der friedlichen Revolution - zurückversetzt in ein Zeitalter, in dem die DDR Loblieder auf den Sozialismus von ihren Literaten erwartete und staatliche Zensoren die Freiheit des Geistes zu kontrollieren suchten. Reiner Kunze gelang es jedoch, sich seine künstlerische Unabhängigkeit zu bewahren. Er zahlte einen hohen Preis dafür.

Überwachung, Verschweigen im offiziellen Kulturbetrieb und bittere Schikanen brachten ihn bis an den Rand der Existenz. Die Ausbürgerung rettete ihm vermutlich das Leben. Dieses bittere Schicksal macht deutlich, dass die SED-Führung schonungslos gegen ihre KritikerInnen vorging. Sie war nicht im Geringsten interessiert an einer fruchtbaren Auseinandersetzung mit kritischen Geistern.

 

Reiner Kunze, der Poet des Humanen und der Natur, musste seine geliebte Thüringer Heimat, die Stadt Greiz 1977 gen Westen verlassen, weil seine Sicht auf die Deutsche Demokratische Republik für die SED-Funktionäre unerträglich war. Heute am geschichtsträchtigen 17. Juni hören wir Reiner Kunze im Original und können an seinen Erinnerungen teilhaben.

Ich bin dankbar für diesen Film und das Zusammentreffen mit einem Mann, der sich gegen jegliche politische Bevormundung und Vereinnahmung wehrte und sich nie vor den Karren einer Ideologie spannen ließ. Ich wünsche uns allen einen anregenden Nachmittag mit Reiner Kunze im Interview und dem Film viele Freundinnen und Freunde in Ost und West und auch über heutige Grenzen hinaus.