Grüne Fraktion strebt Neuregelung zur Stasi-Überprüfung an

Bild zur Pressemitteilung

Zur heutigen Vorstellung des Berichts und zur Debatte im Thüringer Landtag zur Überprüfung der Abgeordneten auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) beziehungsweise der politischen Kriminalpolizei K 1 erklärt die Abgeordnete der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Astrid Rothe-Beinlich:

„Wir haben zu diesem wichtigen Punkt eine Aussprache beantragt, da wir als Bündnisgrüne, aus der Bürgerrechtsbewegung der DDR hervorgegangen, als erste Voraussetzung für Aufarbeitung die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sehen. Allerdings hätten wir uns hier eine sachliche Debatte gewünscht, keine Schlammschlacht, die in Beschimpfungen gipfelte und bei der sich zum Beispiel Herr Mohring von der CDU dazu verstieg, Einzelnen absprechen zu wollen, für die Bürgerrechtsbewegung zu sprechen. Zum Glück ist die Zeit von Alleinvertretungsansprüchen vorbei.“

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die heute vorgetragene Entschuldigung von Frank Kuschel, der aus seiner Tätigkeit für das MfS seit 1999 kein Hehl gemacht hat, vernommen.

„Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass man darum weiß, was ein Mensch getan hat und dass differenziert vorgegangen wird. Insofern stehen wir selbstverständlich auch weiterhin für die Überprüfung. Dass das Thüringer Gesetz zur Überprüfung der Abgeordneten jedoch vorsieht, Abgeordnete als parlamentsunwürdig zu bezeichnen, halten wir für mindestens nicht zeitgemäß, insbesondere, wenn diese – obgleich deren Zusammenarbeit mit dem MfS bekannt war – von den Wählerinnen und Wählern wiederholt ins Parlament entsandt werden“, gibt die Grünenpolitikerin zu bedenken.

Die grüne Fraktion wird daher demnächst eine entsprechende Gesetzesnovellierung vorlegen, welche die Feststellung der Parlamentsunwürdigkeit hinterfragt, die Überprüfung neu regelt, wenn keine neuen Erkenntnisse zu den Betroffenen vorliegen, und den ohnehin vom Verfassungsgericht bereits 2000 für nichtig erklärten Mandatsverlust (Paragraph 8) aus dem Gesetz entfernt.

„Wir wollen keinen Schlussstrich ziehen, müssen uns aber fast 23 Jahre nach der friedlichen Revolution die Frage stellen, wie Aufarbeitung umfassend gelingen kann. Dafür ist die Parlamentsunwürdigkeitserklärung unseres Erachtens kein probates Mittel. Darüber hinaus gilt es, umfassend und differenziert auch über Geheimdienste hinaus zu betrachten, wer an welcher Stelle und mit welchem Methoden Verantwortung für 40 Jahre Diktatur in der DDR getragen hat“, schließt Rothe-Beinlich.